Tanz als Ausdruck universeller Gesetze

Tanz als Ausdruck universeller Gesetze

Nicht nur die berühmten Lehrer und Philosophen der „heidnischen“ Antike – Sokrates, Plato und Pythagoras – pflegten mit ihren Schülern rituelle Tänze aufzuführen.

Nach einer Überlieferung in den apokryphen Johannesakten, dem sogenannten „Tanzhymnus“, tanzte Jesus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern. Ihr individuelles Erleben weitete sich zu einem gemeinschaftlichen und transzendenten Erleben, zu einer Erfahrung universeller Gesetzmäßigkeiten.

Unser ganzes Leben ist Rhythmus und Klang. Rhythmus und Klang durchweben das Universum und bestimmen auf vielfältige Weise unser Dasein auf Erden. „… als heilige Füße vollkommener Tänzer Staub aufwirbelten, wurde die Erde…“, heißt es im Rigveda, der ältesten heiligen Schrift Indiens.

Die Veden berichten, dass die Welt aus einem Urklang entstand und alle Materie in bestimmten Rhythmen schwingt. Dem griechischen Philosophen Pythagoras zufolge wurde die Welt durch Klang bzw. Harmonie aus dem Chaos hervorgerufen. Die Beziehungen der Planeten zueinander setzte er in Proportion zu den musikalischen Intervallen. Jeder Himmelskörper sendet einen ihm eigenen Ton aus und wirkt so mit an der Harmonie der Sphären.

In diese kosmischen Gesetzmäßigkeiten ist der Mensch als Mikrokosmos hineingestellt. Sie spiegeln sich in ihm bis hin zu den Proportionen des menschlichen Körpers wider. Wie die Planeten, so sendet auch jeder Mensch einen ihm eigenen archetypischen Klang aus. Philosophen früherer Zeitalter verglichen den Menschen mit einem Monochord, einem Musikinstrument mit einer einzigen Saite, die sich von der Erde bis zum äußersten Ende des Zodiakus erstreckt.

So können Menschen, die – mehr oder weniger bewusst – Zugang erhalten zu bestimmten Gebieten der geistigen Welt, in denen sie Impressionen und Inspirationen geistiger Gesetze und Harmonien erleben, das dort Wahrgenommene nicht nur mittels der Musik, sondern auch durch entsprechende Bewegungsformen in der materiellen Welt zum Ausdruck, sozusagen „auf die Erde“ bringen. Der menschliche Körper erweist sich dabei als ein wundervoll geeignetes Instrument. Was Ludwig van Beethoven in seinen an Goethe adressierten Betrachtungen über die Musik äußerte, gilt in gleichem Maße für die Tanzkunst: „Es gehört Rhythmus des Geistes dazu, um Musik in ihrer Wesenheit zu fassen, sie gibt Ahnung, Inspiration himmlischer Wissenschaften, und was der Geist sinnlich von ihr empfindet, das ist die Verkörperung geistiger Erkenntnis.“

Auch Tanzdarbietungen können, ähnlich wie Musik, stark auf den Menschen einwirken. In der heutigen westlichen Welt sind wir geneigt zu vergessen, dass Tanz nicht nur der Unterhaltung und dem sinnlichen Vergnügen dienen kann, sondern darüber hinaus einer Erhebung des Geistes und einer Verfeinerung des Empfindungsvermögens. Dieses archaische Wissen wurde zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte von verschiedenen Kulturen und Religionen zu rituellen Zwecken genutzt.

Tanz kann reine Lebensfreude ausdrücken und bewirken, kann sich Zugang verschaffen zu verhärteten und enttäuschten Herzen, die schmerzbeladene Seele trösten und die Ahnung von einem höheren Lebens- und Weltenplan in ihr wachrufen.

Ein intuitives Eindringen in die Geheimnisse der Welt

Jenseits seiner wechselhaften, subjektiven Zustände spiegelt der menschliche Körper Kosmogramme und archetypische Strukturen. Im Sakraltanz bildet der Tänzer bzw. die Tänzerin geometrische Figuren und die Ordnung und Harmonie des Kosmos ab. Solche Figuren sind zum Beispiel auf einen Mittelpunkt bezogene Kreistänze, verschiedene Kreuzformen oder die Spirale. Kosmische Gesetzmäßigkeiten werden aber nicht lediglich dargestellt, sondern die dargestellten Symbole werden zu lebendigen Sinnbildern geistigen Potenzials. Sie ermöglichen uns nicht nur ein eher intuitives Eindringen in die Geheimnisse der Welt und des menschlichen Wesens, sondern sie können – im Tänzer wie im Betrachter – einen tiefgründigen Prozess innerer Wandlung auslösen.

Wohl die bekannteste Darstellung einer sakralen Tanzhandlung zeigt die indische Gottheit Shiva als kosmischen Tänzer. Die Gestalt des Tänzers ist in ein kreisendes Rad hineingestellt. Das Rad symbolisiert die unserer Naturordnung zugrunde liegende Gesetzmäßigkeit des ständigen Wechsels von Werden und Vergehen, der aufeinander folgenden Reinkarnationen.[1] Die Aura des Gottes Shiva ist umgeben von einem machtvollen Feuerkreis. Sein Tanz zeigt den Weg der Überwindung von Raum und Zeit. Es ist der Todestanz der niederen Natur, ein Tanz der Transformation hin zum Licht der göttlichen Natur. Er ist Ausdruck der uralten spirituellen Wahrheit, dass die niedere Natur, das Ego in seiner Ichzentralität, sterben muss, ehe der göttliche Mensch in vollem Glanze auferstehen kann.

Shivas rechter Fuß ist auf den Dämon der Gebundenheit und der Unbewusstheit gestellt und zeigt die Überwindung von Maya, der Kraft der Täuschung, die die Seele in der vergänglichen Welt der Erscheinungen gefangen hält. Shiva selbst ist als Überwinder dargestellt, auf der Höhe seines Kopfes sind Flügel bzw. ein Strahlenkranz zu sehen – Sinnbild der vom Geist erleuchteten Seele. Shiva ist unberührt vom ständigen Wechselspiel von Geburt und Tod. Sein Tanz der Zerstörung dient der Rettung und Erneuerung der Welt. In zwei von seinen vier Händen hält Shiva Nataraja (= Shiva, der König des Tanzes) symbolische Gegenstände wie eine sanduhrähnliche Trommel (ihr zweifacher Ton erschafft die Welt der Gegensätze) und eine Flamme (sie symbolisiert die Macht des durch den Geist entflammten schöpferischen Ausdrucks). Die dritte Hand ist zum Himmel gerichtet, die vierte weist abwärts zum erhobenen linken Fuß, der den Ausweg aus der Gefangenschaft im Kreislauf der Vergänglichkeit zeigt. Auch Krishna ist in der indischen Mythologie eine tanzende und musizierende Gottheit.

Die Inder wie auch die Griechen des Altertums glaubten, dass die Götter das Tanzen erfunden und die Menschen gelehrt haben. Tänze wurden ihnen zu Ehren aufgeführt. In den orphischen Mysterien war Gottesdienst eine durch Musik und Tanz gestaltete heilige Handlung. Beim Betrachten der Tanzhandlung erlebten die Zuschauer innerlich die Anwesenheit der Gottheit.[2]

Anders als wir dies von der christlichen Tradition her kennen, waren die Griechen der Auffassung, dass sich den Menschen das Göttliche am meisten durch Abwendung vom Leid, durch Hinwendung zur Freude, zur Musik und zu festlichen Tanzritualen erschließt.

Auf diese Weise können sich die Menschen mit der Welt des Göttlichen und mit dem ihnen selbst innewohnenden Gott verbinden. Kosmische Energien und Schwingungen können in menschliche Bewegungsformen umgesetzt werden.

Auch die schönste und erhabenste Kunst ist niemals ein vollkommener Ausdruck des Göttlichen. Doch kann sie im Menschen eine Öffnung für göttliche Kräfte bewirken.

Von dem Sufi-Mystiker Rumi sind die folgenden Worte überliefert:

Wenn es mir eines Tages möglich sein sollte,
nur einen Augenblick bei dir zu sein, o mein Herr,
und ich hätte die Welt unter meinen Füßen,
so finge ich in Begeisterung zu tanzen an.

Das Ziel des Drehtanzes der Derwische ist die Reinheit des Herzens und die Vereinigung mit Gott. Er wird in einer Drehbewegung um die eigene Achse entgegen dem Uhrzeigersinn getanzt. Die Arme, die zunächst gekreuzt sind, entfalten sich seitlich, wobei die rechte offene Handfläche nach oben weist und die Kräfte des Himmels empfängt, die durch das Herz und die Finger der nach unten zeigenden linken Hand zur Erde geleitet werden. Die langen schwarzen Umhänge, die die Dunkelheit der vergänglichen Welt symbolisieren, werden zu Beginn des Tanzes abgeworfen, darunter kommen strahlend weiße Gewänder (die Farbe des göttlichen Lichtes) zum Vorschein. Nach Auffassung der Sufis sind die heiligen Tanzhandlungen eine tiefgreifende innere Erfahrung, sowohl für den Tänzer wie auch für den Betrachter und Zuhörer der begleitenden Musik. Die Beteiligten verlassen nach Beendigung der rituellen Darbietung den geweihten Ort geläutert und verwandelt und tragen das Empfangene in die Welt.

Die christlichen abendländischen Kirchen hatten in den vergangenen Jahrhunderten wenig Sinn für das spirituelle Potenzial ritueller Tanzhandlungen. Sie reagierten meist mit heftiger Ablehnung und mit Verboten. Während bei den Israeliten und in den urchristlichen Gemeinden unter dem Einfluss kleinasiatischer Kulte sakrale Tänze weit verbreitet waren, wollte sich die Kirche später von heidnischen Gebräuchen und von den „Ketzern“, den gnostischen Christen, die den kultischen Tanz nach antikem Vorbild praktizierten, distanzieren. Tänzerische Darbietungen oder bildhafte Darstellungen von Tanzszenen blieben daher in der Folgezeit im christlichen Abendland eher Ausnahmeerscheinungen.

Auch Jesus tanzte mit seinen Jüngern

Doch pflegten nicht nur die berühmten Lehrer und Philosophen der „heidnischen“ Antike – Sokrates, Plato und Pythagoras – mit ihren Schülern rituelle Tänze aufzuführen. Nach einer Überlieferung in den apokryphen Johannesakten, dem sogenannten „Tanzhymnus“, tanzte Jesus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern. Er ließ einen Kreis bilden, trat in ihre Mitte und begann einen Hymnus zu singen:

Die Gnade tanzt.
Flöten will ich,
tanzet alle. – Amen.

Ein Klagelied anheben will ich,
die Trauergebärde vollführet alle. – Amen.

(Die) eine Achtheit
 lobsingt mit uns. – Amen.

Die zwölfte Zahl
tanzt in der Höhe. – Amen.

Dem All
kommt es zu, in der Höhe zu tanzen. – Amen.
Wer nicht tanzt, erkennt nicht,
was sich begibt. – Amen.

Wenn du aber Folge leistest
meinem Reigen, sieh dich selbst
in mir, dem Redenden,
und wenn du gesehen hast, was ich tue,
schweige über meine Mysterien.
Der du tanzt, erkenne,
was ich tue, weil dein ist
dieses Leiden des Menschen,
das ich leiden muss. […]

Und zum Schluss der Tanz-Zeremonie:

 Ich hüpfte,
du aber begreife das Ganze,
und wenn du es begriffen hast, sage:
Ehre sei dir, Vater! – Amen.

Nachdem Jesus so mit den Jüngern getanzt hatte, verließ er sie.

Die rituelle Tanzhandlung wird hier als ein Weg gezeigt, universelle Wahrheiten und erhabene Mysterien für den Menschen in der Nachfolge Christi jeweils entsprechend seinem Seins- und Bewusstseinszustand erkennbar und erfahrbar zu machen, ohne das göttliche Mysterium dadurch zu entweihen oder seiner letztlichen Unergründlichkeit zu berauben.

Während des Vorganges der Kreuzigung offenbart sich Jesus – so die Johannesakten – dem Johannes auf dem Ölberg in der innerlich-seelisch erlebten Vision eines Lichtkreuzes und teilt ihm mit:

„Nichts von dem also, was sie über mich sagen werden, habe ich gelitten, aber auch jenes Leiden, das ich tanzend dir und den Übrigen gezeigt habe, will ich ein Mysterium genannt wissen. Denn was du bist, siehst du, das habe ich dir gezeigt. Was aber ich bin, das weiß allein ich, sonst keiner.“

Durch die Tanzhandlung können die Jünger also letztlich nur die Wahrheit ihres eigenen gelebten spirituellen Weges erfahren und andere möglicherweise zu einer ähnlichen Erfahrung anregen. In diesem gesungenen und getanzten Hymnus bewegen sich die Jünger kreisend um Christus als ihrem Zentrum, sie folgen der Melodie seiner Flöte und seinen Bewegungsanweisungen. Ihr individuelles Erleben weitet sich zu einem gemeinschaftlichen und transzendenten Erleben, zu einer Erfahrung universeller Gesetzmäßigkeiten. Denn es tanzen „die Gnade“, „die Acht“ (ein Ewigkeitssymbol), und oben tanzt „die Zwölf“ (ein Sinnbild für den kosmischen Tierkreis). Nur diejenigen, die sich tanzend mit dem Christus in der Mitte vereinigen, werden dieser Offenbarung des göttlichen Mysteriums teilhaftig. Die Gültigkeit dieser transformierenden Erfahrung wird von den Jüngern bekräftigt, indem sie wiederholt im Chor „Amen“ singen: So sei es.

Die rituelle Tanzhandlung ist freilich ein Gleichnis. Sie ist die Darstellung eines Heilsgeheimnisses, eines innerseelischen Verwandlungsprozesses – ein Stimulans, aber nicht dieser Prozess selbst. So ermahnt Johannes seine Mitbrüder, nachdem er ihnen von seiner Vision auf dem Ölberg erzählt hat: „Da wir also, Brüder, die Gnade des Herrn geschaut haben und seine Liebe zu uns, wollen wir, die wir Erbarmung von ihm erfahren haben, ihn anbeten, nicht mit den Fingern und den Mündern und der Zunge noch überhaupt mit einem leiblichen Organ, sondern mit der seelischen Einstellung. […]“ [3]

Ein erneutes Beleben einer uralten Tradition

Das Wissen um Formen spiritueller Musik und Traditionen des Sakraltanzes geriet zunehmend in Vergessenheit. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchten dann esoterische Lehrer, an archaische rituelle Tanztraditionen anzuknüpfen. So suchte beispielsweise Rudolf Steiner mit Hilfe der Eurythmie nach einer „Erneuerung der alten Tempeltanzkunst durch  eine neue Raumbewegungskunst“, um auf diese Weise „etwas hineinzustellen in die Welt, das aus dem Geistigen, aus den spirituellen Gesetzen des Weltendaseins selbst entnommen ist.“ (R. Steiner in einem Vortrag anlässlich einer eurythmischen Aufführung 1918). Gurdjieff strebte mit seinen Sacred Dances [4] nach neuen Wegen, dem modernen Menschen durch geeignete körperliche Ausdrucksformen bestimmte kosmische und spirituelle Wahrheiten vermittelbar und erfahrbar zu machen. Peter Deunov entwickelte 1934 bis 1942 in Bulgarien die Tanzform der Paneurhythmie, die das Ziel hatte, durch eigens hierfür komponierte Musik und rhythmische Bewegungen den Menschen in Harmonie zu bringen mit der Natur, dem Universum und mit Gott. Der Mensch soll durch die Entfaltung seiner inneren Kräfte und seines Bewusstseins aus der materiellen Welt in die geistige Welt geführt werden. Im Zyklus „Pentagramm“ beispielsweise formieren die Tänzer sich zum Symbol des „kosmischen Menschen“.

Nachdem der ursprüngliche enge Zusammenhang zwischen Wissenschaft, Religion und Kunst weitgehend verloren gegangen war, begann vor etwa 100 Jahren eine intensive Suche nach zeitgemäßen Wegen, um die Einheit dieser drei Bereiche wiederherzustellen. War die Kunst nach Auffassung früherer Zeitepochen der unmittelbare Ausdruck des Waltens ewiger, göttlicher Gesetze in der Natur, deren Durchgründen und Erleben den sie nachbildenden Künstler mit tiefer Dankbarkeit und Demut erfüllte, so ist die Kunst dem heutigen Verständnis und der heutigen Ausübung nach primär der Ausfluss der subjektiven Befindlichkeit des Künstlers als einsamem Individuum, das sich einer Welt aus Myriaden einzelner, fragmentarischer Erscheinungsformen und Informationsinhalte gegenübersieht, die es häufig als sinnlos und bedrohlich erlebt.

Zeitgenössische Tanzdarbietungen, die sich darin erschöpfen, den Menschen als entseeltes, maschinenhaftes Wesen inmitten eines kalten, anonymen Kollektivs darzustellen, dessen Bewegungsabläufe durch ein mechanisches bzw. digital gesteuertes Räderwerk angetrieben werden, können nur einen sehr begrenzten Aspekt der Wirklichkeit zeigen und wohl kaum befreiende und regenerative Wege für die Menschheit eröffnen.[5]

Wir stehen am Beginn eines neuen Zeitalters. Alte Glaubenssicherheiten, jahrhundertelang gültige Ideologien und gesellschaftliche Institutionen sowie ästhetische Ideale geraten ins Wanken und entsprechen immer weniger den Erfordernissen der modernen Ära. Auf dem Gebiet von Kunst, Wissenschaft und Religion wird geradezu fieberhaft nach neuen Erkenntnissen und Ausdrucksformen gesucht, die dem Bewusstsein, der Empfindungsweise und den körperlichen Bedürfnissen des heutigen Menschen besser gerecht werden. Im Zuge dieser Bemühungen werden auch uralte Heilslehren und Heilungsmethoden sowie archaische Kunstformen wiederentdeckt und neu bewertet.

Kennzeichen der heutigen Zeit sind einerseits blinder Lebensrausch und Vergnügungssucht, ein übertriebener Körperkult, Ichbezogenheit und große Daseinsangst. Aus dem Unbehagen am modernen Leben flüchten viele Menschen in extreme Anschauungen und Verhaltensweisen. In diesem Lichte betrachtet mag es fragwürdig erscheinen, ob der moderne westliche Mensch, dessen Bewusstsein in hohem Maße mit seinem grobstofflichen Körper identifiziert ist, die uralte Idee eines sakralen Tanzes als Ausdruck wahrhaftigen spirituellen Lebens im Dienste des ihm innewohnenden göttlichen Prinzips noch verstehen und würdigen könnte.

Andererseits besteht auch bei vielen ein sehr ernsthaftes Interesse für ganzheitliche Formen des Lebens und der Spiritualität, in denen die Körperlichkeit des Menschen nicht abgetrennt und ausgeschlossen bleibt, sondern harmonisch integriert werden kann. Zugleich sind eine Abkehr vom passiven Stillsitzen und vom kritiklosen Hinnehmen dogmatischer Lehrsysteme und ein wachsendes Bedürfnis nach individueller, kreativer Auseinandersetzung und Mitgestaltung zu beobachten.

Tanzen, Musizieren und verschiedene Arten des kreativen Gestaltens können als Ausdruck von auf einem spirituellen Weg gewonnenen Erkenntnissen und Erlebnissen ganz sicher zu mehr Lebensfreude, Authentizität wie auch zu einer Belebung von Erfahrungen in einer Gemeinschaft führen. Das Wesentliche jedoch sind nicht die kreativen Formen, mit denen experimentiert werden kann, die sich bewähren oder wieder verworfen werden können.

Das Wesentliche ist die Entfaltung der neuen Seele, die durch solche Formen angeregt werden kann.


Literaturhinweis:

Hemenway, Priya: Der geheime Code. Die rätselhafte Formel, die Kunst, Natur und

Wissenschaft bestimmt, Köln 2008

Lander, H.M. und Zohner, M.-R.: Meditatives Tanzen, Stuttgart 1987

Steiner, Rudolf: Eurythmie. Die neue Bewegungskunst der Gegenwart, Dornach 1986

Wosien, Maria-Gabriele: Tanzsymbole in Bewegung, Linz 1994

[1] Der Mensch als Mikrokosmos ist umgeben von einer Aura, in der die Essenz aller Erfahrungen früherer Erdenleben aufgezeichnet ist, in der auch – leuchtenden Gestirnen an einem Firmament vergleichbar – alle im gegenwärtigen Leben noch vorhandenen Bindungen und Begierden eine stark magnetische Wirkung auf den Menschen ausüben, so dass seine Aura häufig durch eine Vielzahl von Leidenschaften gefärbt und verdüstert wird.

[2] Interessanterweise bedeutete das griechische Wort „Enthusiasmus“ – weit entfernt vom heutigen Gebrauch – ursprünglich „Gottinnerlichkeit“.

[3] Im christlichen Einweihungsmysterium geht es darum, durch das Wirken der Christuskraft in uns den „niederen Leib“ zu verwandeln, damit er „gleich werde seinem verklärten Leib“. (Brief des Paulus an die Philipper) Im ersten Korintherbrief drückt Paulus dies, wie folgt, aus: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis:

…wir werden alle verwandelt werden…, denn das Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und das Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit.“ (1. Kor. 15, 51ff.)

[4] einer uralten Überlieferung, die der Armenier bei einer okkulten kleinasiatischen Bruderschaft kennen lernte und in den Westen brachte

[5] Die fragwürdige Idealisierung des Transhumanismus, der Erschaffung eines neuen Menschentyps mit übermenschlichen Fähigkeiten, der eine Karikatur und Perversion des von göttlichen Kräften geleiteten Geistseelenmenschen darstellt, wird sich jedenfalls für die Menschen, die eine wahrhaftige Verbindung mit der geistigen Welt und ihren universellen Gesetzen erstreben, nicht als gangbarer Weg erweisen.

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Datum: Juni 22, 2024
Autor: Isabel Lehnen (Germany)
Foto: dervish-svklimkin-auf-Pixabay-CCO

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