Wir möchten einem Gedanken folgen, der über unsere gewöhnliche Vorstellung von der Beziehung zwischen Mann und Frau hinausreicht. Es geht uns nicht um Fragen der Vorherrschaft oder der Emanzipation, auch nicht um psychologische Betrachtungen zu einer harmonischen Partnerschaft. Es ist ein neues Paradigma, das uns am Herzen liegt.
In dem, was wir andeuten wollen, können Mann und Frau alles, was ihre persönliche Beziehung betrifft, „hingeben“. Eine Einheit ist ihnen möglich, die über das gewöhnliche Verständnis dieses Begriffes hinausreicht.
Der Beginn des Weges dazu liegt aktuell im Verborgenen. Sein Ende ist eine vollkommene Transformation. Was haben wir preiszugeben? Nicht unseren Partner, aber einige der Tendenzen, die unser Leben beeinflussen.
Es ist ein geistiger Weg, den wir aufleuchten lassen. Er führt für jeden, der ihn geht, zur Selbsterkenntnis und damit zum Gewahrwerden der subtilen Techniken, mit denen das Ego seine Ziele verfolgt. Darüber hinaus gelangen wir zu der Wahrnehmung, dass unser Ego die zeitliche Ausdrucksform unseres wahren Selbst ist. Wenn wir dem Weg vom Äußeren der Dinge hin zur Mitte folgen, nähern wir uns dem Kern unseres Wesens in seiner ganzen vibrierenden Realität.
Der Pfad der Selbsterkenntnis beginnt im Herzen
Dort sind wir Bildträger des göttlichen Selbst. Dort befindet sich die Tür zur Präsenz des Geistes. Sie öffnet sich, wenn unser Verlangen nach Erfüllung groß genug ist.
Auf dem spirituellen Weg beginnt in der Psyche des Mannes und der Frau ein zweifacher Prozess: Er besteht in der totalen Hingabe des Willens an ein höheres Lebensprinzip und aus der Wiedergeburt dieses Prinzips als neue Seele.
Das Männliche und das Weibliche sind zwei polare Prinzipien. Beide finden sich in verschiedener Hinsicht sowohl im Mann als auch in der Frau. In jedem Mann wirken auch weibliche Kräfte und in jeder Frau männliche. Wenn es in der Polarität dieser beiden Kräfte eine wirkliche Aufwärtsbewegung geben soll, bedarf es eines dritten Elements: des Göttlich-Geistigen.
In einer Dreiecksbeziehung, bestehend aus dem Männlichen, dem Weiblichen und dem Göttlich-Geistigen können die beiden irdischen Kräfte auf eine höhere Ebene gelangen. Und das ist auch der Fall in der Beziehung von Mann und Frau. Es geht dann nicht länger um Vorherrschaft oder Emanzipation.
Das Göttlich-Geistige kennt ebenfalls eine „weibliche“ Ausdrucksform: die Liebe. Und es kennt eine „männliche“: den Gedanken. Die erstere wirkt vor allem auf unser Herz ein, die letztere vor allem auf unser Haupt. Das ist bei beiden Geschlechtern so. Von der biologischen Konstitution her haben Frauen in der Regel allerdings die Möglichkeit, das Göttlich-Geistige unmittelbar im Herzen zu empfangen, während Männer eher darauf angelegt sind, geistige Impulse unmittelbar im Haupt aufzunehmen.
Hieraus ergibt sich in einer Partnerschaft die Möglichkeit eines völlig neuen Zusammenwirkens. Voraussetzung ist, dass die Partner die Suche nach Ewigkeitswerten in den Mittelpunkt ihres Lebens stellen. Das Herz der Frau kann, durch Hingabe, der fruchtbare Boden für den Samen des Geistes sein und dadurch eine außergewöhnliche Entwicklung erfahren. Der Partner, der Mann, wird daran Anteil erhalten. Er wiederum kann durch gereinigtes Denken unmittelbar im Haupt die Impulse des Geistes aufnehmen. Und sie werden nicht nur in seinem Herzen, sondern auch in dem der Frau widerklingen.
Sobald das Haupt des Mannes sich dem Geist öffnet, erwacht in ihm der Wille, das zu verwirklichen, was er empfangen hat. Und in der Frau wiederum erweckt der Geist die Willensqualitäten des Herzens. Und erneut vollzieht sich in der Partnerschaft eine Vereinigung der empfangenen Kräfte, die die Möglichkeit jedes Einzelnen erhöht.
Es geht also auf diesem Weg nicht mehr darum, dass Mann und Frau versuchen, aus eigener Kraft und nach eigener Vorstellung eine harmonische Beziehung zu verwirklichen. Vielmehr werden sie die ihnen innewohnenden Veranlagungen erkennen und auf einem spirituellen Weg nutzbar machen.
Es ist ein Pfad der Einweihung, auf dem sie geistige Werte in ihr Leben einlassen. Diese geben die Impulse für die Beziehung, und ihr Licht erlaubt es den Partnern, die Hindernisse zu erkennen und zu überwinden.
So werden sie zu wahrhaft lebenden Seelen
Eine Liebeskraft, eine Kraft der Erkenntnis und ein neuer Wille wirken in ihnen, die anders sind als das, was wir gewöhnlich Liebe, Erkenntnis und Wille nennen. Eine solche Entwicklung wird möglich, wenn viele Erfahrungen gemacht und viele Prüfungen durchlebt worden sind – und beide Partner den eindeutigen Entschluss fassen, ihr Leben in den Dienst des Geistes zu stellen.
Die beiden Strömungen des Geistes, die männliche und die weibliche, sind in einer „heiligen Polarität“ schöpferisch wirksam. Und im Mann und in der Frau – oder auch in einer spirituellen Gruppe – erleben sie ihr Zusammenspiel. Gemeinsam mit dem Menschen, um dessen Umgestaltung es geht, erfahren sie sich erneut schöpferisch.
Die beiden Partner, Mann und Frau, werden in eine Seeleneinheit erhoben. Und die Vereinigung ihrer Seelenkräfte bringt eine Frucht hervor: die beiden Urströme gebären den Dritten, den Sohn: das göttlich-geistige Bewusstsein, den höchsten Aspekt der Seele.
Noch sind wir Gefangene der Dualität dieser Welt. Doch wir können zur ursprünglichen Einheit zurückkehren. Die Möglichkeit dazu liegt in uns verborgen und wartet auf ihre Verwirklichung. Die Liebe, die Mann und Frau füreinander empfinden, ist ein Abbild, ein Abglanz der wahren göttlichen Liebe, die für uns alle strahlt. Sie ist das Geheimnis und der Zauber jeder Liebe.