Die Magie der Bilder – Teil 1

Nach der Zeit der Bilderstürme, die in der Vergangenheit in Europa wüteten, ist nun die Zeit der Bilderfluten, ja Bilder-Tsunamis über uns hereingebrochen. Indem die Erzählungen, Bilder oder Filme unsere Aufmerksamkeit fesseln, werden unsere Gedanken und Assoziation in bestimmte Richtungen gelenkt. Gehören uns unsere Gedanken überhaupt noch, oder werden wir im eigentlichen Sinne „gedacht“?

Die Magie der Bilder – Teil 1

Nach der Zeit der Bilderstürme, die in der Vergangenheit in Europa wüteten, ist nun die Zeit der Bilderfluten, ja Bilder-Tsunamis über uns hereingebrochen. Über zehntausende von Kilometern kann ein Ereignis innerhalb von Sekunden übertragen werden und können Millionen von Menschen auf dem ganzen Erdball nahezu gleichzeitig zum Jubeln oder Weinen gebracht werden.

Verschiedene Technologien wie Aufnahmegeräte, Funkwellen, Übertragungsprotokolle und Anzeigegeräte wirken dabei zusammen.

Für Menschen, Millionen oder sogar Milliarden, sind diese kleinen oder großen Bildschirme ein Fenster in eine Welt voller Abenteuer.

Je schneller Informationen übermittelt und verteilt werden können, umso aktueller sind sie und je mehr sie gleichzeitig sie wahrgenommen werden, umso wirkungsvoller sind sie.

Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Erste Weiterentwicklungen werden sichtbar in der Technik der Quantenverschränkung, mit der Photonen über größere Distanzen sich gleichzeitig verändern, wenn die Polarisation oder Flugrichtung durch Messung eines der verschränkten Photonen verändert wird. Das wird wohl in Zukunft die Möglichkeit bieten, dreidimensional berechnete Objekte zu konstruieren und diese gleichzeitig andernorts sichtbar zu machen. Seit Einstein gilt die Lichtgeschwindigkeit als schnellste physikalische Fortbewegung. Sie erscheint jedoch in diesem „Licht“ der spooky action, die in mindestens zehntausendfacher Lichtgeschwindigkeit stattfindet, als fast bedeutungslos.

Die Erdkugel ist nun also mit den Netzen der Informationsmedien umspannt, und die Menschheit ist zu einem Kulturraum mit regionalen Unterschieden geworden.

Ziemlich verloren erscheint da das Jahrtausende alte 2. Gebot im 2. Buch Moses. Man kann sich angesichts der aktuellen Bilder- und Informationsschwemme zu Recht fragen, was das denn überhaupt noch soll (Mos. 2, 4-6):

„Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist:

Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.“

Warum soll man sich denn keine Bildnisse machen?

Die Antwort ist gar nicht so schwierig. Wir kleben magisch an tausenden von Bildern, und das hindert uns daran, die Gnosis, das Göttlich-Geistige, innerlich wahrzunehmen und so unmittelbar zu unermesslichem geistigen Reichtum zu gelangen.

Etwas wird bei dem biblischen Ausspruch gern übersehen: Auf den Steintafeln der zehn Gebote steht: „Du sollst DIR kein Bildnis machen.“ Es geht um den Einzelnen und seine Entwicklung.

Wir werden von uns selbst weggezogen

Bilder oder Videos ziehen  unsere Aufmerksamkeit an, und sie wird weg gelenkt von uns und unserer unmittelbaren Umgebung. Es ist fast unwichtig, ob wir im Stadion sitzen oder 20´000 km entfernt am Bildschirm an dem Geschehen teilhaben. Beide Male sind wir gleichsam „mitten drin“.

Wie geschieht das?

Wir können es so betrachten: Wir begeben uns mit unserer Aufmerksamkeit, mit unserem Fokus in einen „Werte- und Informationsraum“, der uns anlockt. Er kommt zu uns und überstülpt unser Bewusstsein. Wir begeben uns in eine Bubble oder „Blase“.

Es kann eine ganz kleine Bubble sein oder eine weltumspannende, mit Inhalten aus Wissenschaft, Sport, Religion oder Unterhaltung aller Art. Diese Bubbles sind feinstofflicher Art, sind Schwingungsräume, die von allen, die daran beteiligt sind, gemeinschaftlich geprägt werden.

Wir können in diesen „Landschaften“, die wir mittels unserer Vorstellungsvermögen erschaffen, umherwandern und Geschichten erfinden und weiter ausgestalten.

Die Landschaften und unsere Erlebnisse darin sind physisch nicht vorhanden. Und doch haben sie einen direkten Einfluss auf unsere materielle oder physikalische Wirklichkeit.

Indem die Erzählungen, Bilder oder Filme unsere Aufmerksamkeit fesseln, werden unsere Gedanken und Assoziation in bestimmte Richtungen gelenkt. Wir sind dann in dieser Bubble. Wenn also eine „verpixelte Figur“, 20´000 km weit entfernt, ein geschossenes Fußball-Tor nicht anerkennt, können sich Menschen gegenseitig verprügeln oder wildfremde Menschen einander vor Freude in die Arme fallen.

So gesehen, kann man bei den Bildschirmen von Zauberspiegeln sprechen, von etwas Magischem, das einen anzieht und in Bann schlägt. Das Medium ist der eine Faktor, und der andere, entscheidendere, sind die Menschen, die sich bannen lassen, die connected sind, gleichsam an der Leine, online. Damit die Medien ihre magische Kraft entfalten können, muss ein Nährboden da sein, ein Bedürfnis, und das ist zweifellos vorhanden.

Im Englischen gibt es den Ausspruch all happens in mind. Man kann es übersetzen mit „alles geschieht in unserer Vorstellungskraft“.

Unser Kopf ist eine Schnittstelle verschiedenster Einflüsse. Wir registrieren dort Gedanken, Empfindungen, Gefühle, Träume, Tagträume, Meditationen, Geschichten, Filme, Games und so weiter. Sie fügen sich dort zusammen zu Vorstelllungen oder Bildnissen. Man ist sich bei manchem nicht sicher, ob man das nicht schon einmal erlebt oder geträumt hat.

Geschichten, Filme, News und so weiter ähneln Traumkonserven, die perlmuttschimmernd in der Vergangenheit in Laufwerke geschoben worden sind. Nun werden sie gestreamt und, wer weiß, vielleicht in Zukunft direkt in unser Vorstellungsvermögen gebeamt, wie der Herausgeber der New York Times es einmal als Zukunftsvision aussprach.

Wir werden von Eindruck zu Eindruck gehetzt, hunderte Geschichten, Serien und dergleichen bevölkern unsere Vorstellungskraft. Es sind „mit Mikrowellen“ immer wieder aufgewärmte, gestreamte Traumkonserven.

Wo sind bei alledem unsere eigenen Gedanken? Wer sind wir?

Gehören uns unsere Gedanken überhaupt noch, oder werden wir im eigentlichen Sinne „gedacht“? Ist da eine verborgene Macht, die die Fäden zieht, oder sind es am Ende wir selbst?

Es ist nicht einfach, darauf zu antworten. Doch anstatt willenlos die nächste Konserve einzuwerfen, könnten wir einmal innehalten. In uns ruht ein „Kleinod der Unterscheidung“. Das könnten wir nutzen, in jedem beliebigen Moment.

Es bedarf keiner Anstrengung dazu, sondern nur des Wunsches, es zu tun. Mit dem Kleinod der Unterscheidung können wir erkennen, ob in uns etwas hineingeworfen und in unser Bewusstsein eingepflanzt wird, oder ob das, was wir denken, durch einen aktiven Prozess zustande kommt, den wir selbst bestimmen.

Das ist unsere Macht. Will etwas in unser Bewusstsein dringen, das wir nicht wollen, können wir es canceln. Wir können ein Sensorium entwickeln, mit dem wir unterscheiden zwischen dem, was unseren Idealen, was den nächsten Schritten auf unserem Lebensweg entspricht, und dem, was uns etwas einflüstern will, um uns zu manipulieren.

Welche der auf uns prallenden Informationen nehmen wir auf und integrieren sie in unser aktuelles Bewusstsein, und welche entfernen wir wieder, so weit es geht? Welche kompostieren wir auf dem mentalen Komposthaufen unnützer, quälender und unverdauter Aufmerksamkeits-Fetzen? Praktischer wäre es, wenn gewisse Informationen schon weit außen an unserer eigenen Bubble abprallen und das Weite suchen würden.

Wie halten wir unseren Geist in der heutigen Zeit rein und klar und haben trotzdem Spaß und Schaffenskraft? Wie verhindern wir, dass wir „gedacht werden“ und unser Mind in kollektiv „quantenverschränkten“ Identifikationen versinkt?

Was können wir tun?

Wir können in zweierlei Richtung aktiv sein. Zum einen können wir die Einflüsse filtern, indem wir sie mit unseren Idealen und Notwendigkeiten abgleichen. Zum anderen können wir unsere Ideale und Notwendigkeiten immer mal wieder überprüfen, ob sie noch sinnvoll sind.

Bereits in der Antike sagten Philosophen: Was nicht gut oder schön, nicht nützlich oder nicht wahr ist, beachte es nicht, leihe ihm keine Aufmerksamkeit.

Der gesamte spirituelle, psychische und physische Kreislauf von Bildern, die wir beleben, ob von außen zu uns gebracht oder in unserer eigenen Fantasie produziert, in Gedanken, mit Gefühlen oder Gewohnheiten des Körpers angetrieben, hält uns gefangen.

Schärfen wir also inmitten der Informationswogen unser Bewusstsein, um die anstürmende Bilder- und Informationsflut zu sortieren und nach dem Sieb des Weisen zu filtern – nach Schönheit, Wahrheit, Nützlichkeit und Erforderlichkeit, Dann beginnen sich die Wogen zu glätten.

In diesem Sinne lesen wir die alten Worte:

Zu einem Weisen kam einer gelaufen und sagte: „Höre Alter, das muss ich dir erzählen!“

„Halte ein!“ – unterbrach ihn der Weise, „hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“

„Drei Siebe?“, fragte der andere voller Verwunderung.

„Ja, guter Freund! Lass sehen, ob das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe hindurchgeht: Das erste ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“

„Nein, ich hörte es erzählen und …“

„So, so! Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst, gut?“

Zögernd sagte der andere: „Nein, im Gegenteil …“

„Hm …“, unterbrach ihn der Weise, „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden. Ist es wenigstens notwendig, was du mir erzählen willst?“

„Notwendig?  –  Nun, das kann man nicht behaupten …“

„Also“, sagte lächelnd der Weise, „wenn es weder wahr noch gut noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit.“

Es ist nicht einfach, bei all den Eindrücken, die durch verschiedene Medien auf uns einprasseln, diese drei Siebe anzuwenden. Es wird uns sicher nicht auf Anhieb gelingen. Doch dann wissen wir wenigstens, warum wir manchmal verwirrt und an magischen Bildnissen kleben geblieben sind.

(wird fortgesetzt in Teil 2)

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Datum: Dezember 8, 2020
Autor: Swiss authors group
Foto: Simon Steinberger auf Pixabay CCO

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