Angst, Sorge, Furcht…

Die Bemühung, mit Angst, Sorge und Furcht umzugehen, kann viel zur Selbsterkenntnis beitragen.

Angst, Sorge, Furcht…

Woher kommen eigentlich Angst, Sorge und Furcht?

Stellen wir einmal die These auf, dass sie – paradoxerweise – sowohl aus der Vergangenheit als auch aus der Zukunft stammen. Aus der Vergangenheit, weil jeder von uns seine eigenen „negativen“ Erfahrungen mit sich herumträgt, die ihr oder ihm irgendwann Schmerz- und Leidensgefühle verursacht haben. Oder wir haben ähnliche Situationen bei anderen erlebt. Deshalb versuchen wir, solche Situationen zu vermeiden. Wir verwenden dabei oft bewährte stereotype Verhaltensmuster und Schemata, die in der Vergangenheit bei uns oder anderen Menschen funktioniert haben.

Dabei berücksichtigen wir aber nicht: Mit der Zeit verändern wir uns selbst und auch unsere Umgebung verändert sich. Lebensmuster, die früher recht gut funktionierten, müssen in der Zukunft nicht unbedingt funktionieren. Der Fluss des Lebens fließt weiter, die Welt verändert sich …

Aus anderer Perspektive gesehen hängen Angst, Sorge und Furcht mit der Zukunft zusammen. Wir möchten unser Leben nach unseren Erwartungen gestalten, Erfüllung darin finden und Harmonie und Glück erreichen. Dies gilt für uns selbst, aber wir wünschen es auch für unsere Lieben und die Umgebung, in der wir leben. Wir arbeiten an einer „Komfortzone“, in der wir uns wohl und sicher fühlen wollen.

Zum Leben gehört es allerdings, mit der Umgebung zu interagieren. Das einfachste, aber vielleicht bedeutendste Beispiel hierfür ist die Atmung – um zu leben, müssen wir die Luft aus unserer Umgebung einatmen.

Die Verkäuferin, der Busfahrer, der Chef

Die Interaktionen mit der Umwelt entsprechen nun nicht immer unseren Erwartungen. Die Verkäuferin ist nicht immer höflich, obwohl wir versuchen, nett zu ihr zu sein und wir geduldig in der Warteschlange stehen. Der Busfahrer schließt die Tür vor uns und fährt davon, obwohl wir nur um Momente zu spät kamen. Bei der Arbeit stellt der Chef neue Anforderungen und Aufgaben und gewährt uns keine Ruhepause. Und bei der Rückkehr nach Hause stellt sich heraus, dass der Nachbar auf der anderen Seite der Mauer das Champions-League-Spiel in voller Lautstärke im Fernsehen verfolgt.

Solche Beispiele könnte man unendlich weiter anführen. In kleiner Dosis verursachen sie Frustration und Ärger. Wenn sie anfangen, sich zu wiederholen, kann sich bei uns die Angst, Sorge und Befürchtung aufbauen, dass wir mit dem Kommen eines neuen Tages aufs Neue mit unangenehmen Situationen in unserer Umgebung konfrontiert werden. Wo bleibt dabei unsere Komfortzone?

Ein gemeinsamer Aspekt all dieser Situationen sind unsere Erwartungen an die Umwelt. Wir glauben, dass unsere Verwandten, unsere Freunde, unsere Mitarbeiter oder im Allgemeinen alle, mit denen wir zu tun haben, so handeln sollten, dass sie uns gefallen und uns nicht in Probleme stürzen. Wenn das nicht so ist, nehmen wir sie als unsere kleineren oder größeren „Feinde“ wahr. Und Angst, Sorge und Furcht treten auf, wenn uns klar wird, dass wir an ihnen nichts ändern können.

Aber ist diese Lebenseinstellung nicht egozentrisch oder egoistisch? Und vor allem wenig in Einklang mit der Komplexität von allem?

Was wissen wir eigentlich über die Menschen in unserer Umgebung?

Man kann leicht empfinden, in einer Art „gordischem Knoten“ zu stecken. Der Grund für unseren Stress und unsere Unzufriedenheit liegt darin, dass wir die Dinge (und uns selbst) nicht so sehen, wie sie wirklich sind – hier und jetzt. Was wissen wir denn an Tiefergehendem über die Menschen in unserer Umgebung? Kennen wir die Hintergründe ihrer Psyche? Vielleicht durchlebt der eine oder andere gerade schwerwiegende innere Konflikte. Wissen wir, wie sich die aktuelle Lebenssituation, von der wir uns bedrückt fühlen, aus seiner/ihrer Perspektive darstellt?

Wenn wir versuchen würden, alles und jeden ohne unsere Erwartungen und ohne Vergleiche zu betrachten und mit Freundlichkeit anzunehmen, so wie er oder sie sind, dann könnten wir vielleicht viel öfter und länger Frieden und Ruhe erfahren. Und vielleicht würden wir dann entdecken, dass das, was hier und jetzt gerade stattfindet, genau das ist, was hier und jetzt sein soll.

Angst – ein Antrieb, sich selbst zu erforschen

Unserer Angst, Sorge und Furcht könnte sich dann verringern. Aber dennoch kommen wir nicht an der Erfahrung vorbei, dass Beziehungen oder Dinge, die von großer Bedeutung von uns sind, sich auflösen. Der Partner, die Eltern, die Freunde, die Arbeitsstelle – plötzlich geschieht etwas, und alles ist anders. Was dem Leben einen Sinn gab – plötzlich ist es verschwunden. All unsere Strategien und Einstellungen konnten uns davor nicht bewahren.

Und ebenso ist es mit dem, was den eigenen Körper betrifft, die Gesundheit, die eigene Existenz, den Tod …

Hiervor bleibt Angst in uns.

Angst kann uns vorsichtig machen. Aber sie kann noch mehr bewirken, sie kann zum Beispiel ein Antrieb sein, unsere Sicherheit auf einer tieferen Ebene zu suchen. Das Leben mit allem, was in ihm stattfindet, das „Spiel“, an dem auch wir beteiligt sind – benötigt es nicht eine Bühne, auf der es sich abspielt?

Diese Bühne muss in uns sein, in uns allen gemeinsam. Wo sollte sie sich sonst befinden? So können wir sie also in uns suchen, jeder in sich. Sehnsucht kann dabei ein Wegweiser sein. Und wenn wir tatsächlich festen Boden in uns finden – nicht auszudenken die Ruhe und Gelassenheit, die dann eintritt … 

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Datum: Januar 29, 2019
Autor: Jacek Piechota (Poland)
Foto: M.P.

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