Rainer Maria Rilke, Transformation: Spaziergang

Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten, dem Wege, den ich kaum begann, voran. So fasst uns das, was wir nicht fassen konnten, voller Erscheinung, aus der Ferne an –

Rainer Maria Rilke, Transformation: Spaziergang

und wandelt uns, auch wenn wir’s nicht erreichen,
in jenes, das wir, kaum es ahnend, sind;
ein Zeichen weht, erwidernd unserm Zeichen …
Wir aber spüren nur den Gegenwind.

Musik

Mein Weg, der mit einem ganz unbestimmten Suchen begonnen hat,
wird mir immer deutlicher.
Jetzt kann ich sagen: Ich suche nach dem Ursprung
und möchte in ihn eintauchen.

Überall entdecke ich Zeichen,
die auf den Ursprung hinweisen.
Er bildet sich tausendfach ab,
zeigt sein Abbild übeall in der Natur.

Ich kann mich auf die Wesen der Natur einlassen,
auf dich, Baum, auf dich, Vogel, auf dich, Landschaft.
Ich erlebe eure seelische Seite.
Ihr seid Abbilder des Ursprungs, aber verfestigte Abbilder,
und irgendwie losgelassen von ihm.

Aber ihr weist mich auf den Ursprung hin.
Ich öffne mich meiner Tiefe.
Meine Seelenschwingung erhöht sich.

Oft weiche ich zurück vor der Kraft, die mir entgegenkommt.
Der Wind des Ewigen ist übermächtig.

Doch die Wesen der Natur setzen Hoffnung in mich.
Und zahllose Menschen warten darauf,
dass ihnen andere vorangehen.

Dem will ich dienen.
Und ohne es zunächst zu merken,
hat mir das Kraft gegeben.
Türen haben sich geöffnet.

Alle, die ich in mich aufnehme,
werden zu meiner inneren Kraft,
sie werden zu einem Teil von mir.

Ihr Drang zum Ursprung wird mir zur entscheidenden Hilfe
auf meinem eigenen Weg der Verwandlung.
Sie werden zu einer inneren Kraft, die mir und ihnen den Weg bahnt.

Print Friendly, PDF & Email

Share this article

Article info

Date: August 19, 2021
Author: Myriam Häntzschel (Germany)
Author: Matthias Krause (Germany)
Photo: Anita Vieten

Featured image: