Hölderlin-Projekt Vertiefung und Verwandlung

Die 12 Impulse der Friedensfeier - 7 Ich werde neu

Hölderlin-Projekt Vertiefung und Verwandlung

 

 

Friedensfeier

(7)

Denn längst war der zum Herrn der Zeit zu groß
Und weit aus reichte sein Feld, wann hats ihn aber erschöpfet?
Einmal mag aber ein Gott auch Tagewerk erwählen,
Gleich Sterblichen und teilen alles Schicksal.
Schicksalgesetz ist dies, daß Alle sich erfahren,
Daß, wenn die Stille kehrt, auch eine Sprache sei.
Wo aber wirkt der Geist, sind wir auch mit, und streiten,
Was wohl das Beste sei. So dünkt mir jetzt das Beste,
Wenn nun vollendet sein Bild und fertig ist der Meister,
Und selbst verklärt davon aus seiner Werkstatt tritt,
Der stille Gott der Zeit und nur der Liebe Gesetz,
Das schönausgleichende gilt von hier an bis zum Himmel.

 

7 Ich werde neu

Ich habe schon oft an spirituellen Zusammenkünften teilgenommen. Ich habe erlebt, wie sich seelische Kräfte konzentrieren. Ich fühle mich dann erhoben. Herausgehoben aus dem Alltag. So ist es jetzt auch. Eigentlich staune ich, wie leicht diese hohen Dimensionen mit mir in Kontakt treten. Irgendwie gehören sie sogar zu mir. Ich habe es nicht gewusst.

Da ist Tiefe – und ich sehe mich darin, auf andere Weise als je zuvor, nicht körperlich. Ich erlebe mich als Seele, als eine ganz bestimmte Seele. Es ist ein bisschen so, wie ich manchmal, in seltenen Momenten, einen anderen Menschen als eine Seele erlebt habe. Da ist Unsterbliches.

Die inneren Augen, die sich in mir auftun, sind mir geschenkt worden. Der Dichter sagt: Das große Göttliche entscheidet sich dazu, Tagewerk zu verrichten, in die Zeit einzutauchen, tief hinab. In mich hinein. Ich erlebe etwas davon.

 

Einmal mag aber ein Gott auch Tagewerk erwählen,
Gleich Sterblichen und teilen alles Schicksal.
Schicksalgesetz ist dies, daß Alle sich erfahren,
Daß, wenn die Stille kehrt, auch eine Sprache sei.
Wo aber wirkt der Geist, sind wir auch mit, und streiten,
Was wohl das Beste sei. So dünkt mir jetzt das Beste,
Wenn nun vollendet sein Bild und fertig ist der Meister,
Und selbst verklärt davon aus seiner Werkstatt tritt…

 

Da ist ein Gleichklang, eine Harmonie, die alles miteinander verbindet. Und die auch alle Disharmonie aushält. Liebe. Nichts Emotionales. Ein Klang, Freude, ein geistiger Boden, auf dem alles wachsen kann. Der Streit, den wir kennen, ist nur möglich, weil er von dieser Liebe getragen wird. Sie trägt alles. Alle sollen sich erfahren. Letztlich in ihrer Unsterblichkeit. Und jeder auf seine Art. Alles gelangt zur Reife. Zu sich.

Und dann, in der Stille, die eine Sprache. Sie klingt in meinem Herzen. Das Herz wird weit, alle haben Platz darin. Das Geistige arbeitet in meinem Herzen – und an dem, was darin ist. Ich lasse es zu. Ich lasse mich von der Inspiration leiten. Von neuen Empfindungen.

Der Gott fertigt in mir sein Bild an, sagt der Dichter. Ich bin die Werkstatt. Und ich sage: „Vollende dein Bild!

Es ist unglaublich. Es heißt: Der Gott will sich selbst mit dieser Arbeit verklären. Und dabei ist er auf mich angewiesen.

Ich erhalte eine neue seelische Gestalt. Ich bin der Werkstoff, der geformt wird und der sich formen lässt.

Eine große Zukunft ist uns möglich: Wenn wir wach werden, vereinen wir verschiedene Welten. Die Welten der Materie, der Seele, des Geistes. Alles wird dann anders.

Dann gilt „der Liebe Gesetz von hier an bis zum Himmel“.

 


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Date: April 16, 2020
Author: Gunter Friedrich (Germany)
Photo: Pastell von Franz Karl Hiemer (Wikipedia)

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