Manchmal kann man etwas, das schwer auszudrücken ist, als verbales Paradoxon formulieren. Ein Beispiel dafür ist der Satz: „Alles ist wichtig und nichts ist wirklich wichtig.“ Wenn wir ihn auf uns wirken lassen, stellen wir fest, dass die beiden sich gegenseitig ausschließenden Aussagen auf einer tieferen Ebene miteinander verbunden sind.
Alles ist wichtig. Dieser Ausspruch bezieht sich auf das, was gegenwärtig ist, was in unserem Leben wirkt. Hier geht es um das, was uns bewegt und die Richtung unserer eigenen Entwicklung vorgibt, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Woher kommen unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen – aus dem Ego oder von der Stimme des Herzens? Unser Bewusstsein, unser Lebenszustand und unser Lebensweg hängen davon ab. Unser Zustand kann uns zu Leidvollem führen, in Krankheit und Tod, aber auch zu umfassenderer Einheit, innerer Freiheit und Liebe. Alles, was wir in der kurzen Zeit tun, die wir „unser Leben“ nennen, ist also wichtig – für uns und für das Ganze, von dem wir ein Teil sind.
Nichts ist wirklich wichtig. Nichts von dem, was geschieht, hat die Bedeutung, die wir ihm zuschreiben. Solange wir ego-zentriert leben, verschließen sich uns die tiefen Gründe der Geschehnisse; wir sind nicht in der Lage, die Dinge aus einer realistischen, einer objektiven Perspektive wahrzunehmen. Wir tendieren dann vielmehr dazu, unsere eigenen Unvollkommenheiten auf Menschen und Ereignisse zu projizieren. Wohin wir auch schauen, zeigen sich uns nur Aspekte von uns selbst. Und wenn wir andere verletzen, so wirkt das auf uns selbst zurück.
Wer sich nach wahrer Heilung, nach einem neuen Leben sehnt, löst sich von der Hektik des Äußeren. Er lauscht auf einen Ruf aus dem Innersten, der immer erklingt und der in tiefer Stille wahrgenommen werden kann. Kein Unterricht und keine Schule können uns in das Königreich der Himmel bringen. Wir können Wegweiser empfangen, aber niemand kann für uns tun, was wir selbst tun müssen.
Der Ruf aus dem Innersten ist wie Ariadnes Faden. Wir können ihn ergreifen, können uns von ihm leiten lassen. Durchwoben mit dem transzendenten Licht aus dem Innersten, bekommen alle Dinge ihre tiefere. Sie zeigen sich in einem umfassenderen Bezugssystem, das über unser Lebensgebiet hinausreicht. Und es wird ganz deutlich: Alles ist wichtig, und nichts ist – solange es nicht in dem umfassenderen Bezug steht – wirklich wichtig.