vor Jahren las ich bei dem Philosophen Ernst Bloch die Worte: „Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.“ Sie fielen mir wieder ein, als wir an diesem Heft von LOGON arbeiteten. Ich möchte sie einmal leicht umformulieren: „Ich bin. Aber ich habe mich nicht verwirklicht. Darum werden wir erst.“ Sich zu verwirklichen, das ist die Sache eines jeden. Dazu benötigt er aber die Anderen. Denn „wir“ sind es, die „werden“. Jeder empfängt sich durch den Anderen. Der Andere, das Andere, das ist all das, zu dem ich in Beziehung trete: Menschen, Tiere, der Garten, die Nacht, das Virus, die Landschaft, die Sonne, und auch der Tod. Und auch meine Gewohnheiten gehören dazu, und auch die Angst, der Mut, die Sehnsucht, die Liebe. Zu ihnen kann ich ebenfalls in eine Beziehung treten. Durch die Beziehungen wirkt die Welt in mich hinein, macht sie sich zu mir, zu meiner Wirklichkeit, und wirke ich in die Welt hinaus. Dadurch erlebe ich als mein Innen, was auch zur Welt gehört. Das gilt auch für meine Gedanken und Empfindungen. Die Welt erzeugt sie in mir, erzeugt sich in mir. Sie macht sich auf vielfache Weise zu einem Bestandteil von mir. Ich gebe und nehme,
atme ein, atme aus. Für alles Andere bin ich Welt. Andere machen mich zu einem Bestandteil von sich, ich mache sie zu einem Teil von mir. Meine Verwirklichung ist mit der Verwirklichung von allem verknüpft, meine Wirklichkeit mit der Wirklichkeit von allem. Auf irgendeine Weise habe ich mit allem zu tun. Nur dadurch kann es überhaupt in mich eintreten. Die Dinge kommen auf mich zu, ich nehme sie auf, und sie werden in mir zu „Seele“. Und was zu meiner Substanz geworden ist, wirkt zurück auf alles. In meinem Innersten allerdings bin ich schon alles, auch alles „Fremde“. Immer bin ich potenziell schon das, was in mich eintritt. Als eine Art Laboratorium verarbeite ich die Dinge, so gut ich kann und mache sie zu mir selbst.
Viel Spaß
beim Lesen!
Ihr Gunter Friedrich
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ins offene
4 Ins Offene
Axel Janssen
10 Wirklichkeit
Interview mit Jochen Kirchhoff
20 Das Ewige bricht in das Zeitliche ein
Silke Kittler
26 Jenseits aller Worte
Lisa-Marie Worch
30 Feuer
Neville Hyde
wegweisungen
32 Was wir denken, was wir sind, das sind wir nicht
K. S.
38 Das Kind, das ich fand
Danuta Mohr
40 Durch den Tunnel der Subjektivität
Carin Rücker
46 Wo bitte ist der Ausgang?
Peri Schmelzer
48 Der Mythos als Zugang zur Welt
Axel Voss
erforscher des Wirklichen
56 Was die Welt im Innersten zusammenhält
Heiko Haase
62 Das Verhältnis von Bewusstsein, Energie und Stoff
in der pythagoreischen Philosophie
Hannes Frischat
70 Fluss und Emergenz des Wirklichen
Prof. Dr. Orestis Terzidis
78 Buchbesprechungen
Peter Kingsley: Reality
Robert Macfarlane: Im Unterland. Eine Entdeckungsreise
in die Welt unter der Erde
Paul Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen
Axel Voss: Wege zur Welt. Erkenntnis durch Kunst
Gary Lachman: Lost Knowledge of the Imagination (Das verlorene Wissen von der Imagination)
Gelesen in der Zeitschrift Tattva Viveka
86 Leserbriefe
Impuls: Kooperation – Schritt in die größere Wirklichkeit
