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Mitten im Winter habe ich festgestellt, dass es in mir einen unbesiegbaren Sommer gibt. Und das macht mich glücklich. Denn es sagt mir, dass, egal wie sehr die Welt gegen mich drückt, in mir etwas Stärkeres ist – etwas Besseres, das zurückschlägt.
von Albert Camus, 1951
Manche Winter finden in der Sonne statt. Jeder überwintert irgendwann einmal; manche überwintern immer wieder. Überwintern ist eine Jahreszeit in der Kälte. Es ist eine Periode im Leben, in der man von der Welt abgeschnitten ist, sich abgelehnt fühlt, an den Rand gedrängt, vom Fortschritt blockiert oder in die Rolle eines Außenseiters gedrängt. Vielleicht ist es die Folge einer Krankheit, vielleicht eines Lebensereignisses, vielleicht einer Demütigung oder eines Versagens. Vielleicht ist man in einer Übergangsphase und ist vorübergehend zwischen zwei Welten geraten. Manchmal schleicht sich die Überwinterung langsamer ein, begleitet den Tod einer Beziehung, die Übernahme von Betreuungsaufgaben, wenn unsere Eltern älter werden, den Verlust des Vertrauens. Wie auch immer es kommt, die Überwinterung ist in der Regel unfreiwillig, einsam und sehr schmerzhaft. Aber sie ist auch unvermeidlich. Wir stellen uns gerne vor, dass das Leben ein einziger ewiger Sommer sein kann, und dass wir es in einzigartiger Weise versäumt haben, dies für uns selbst zu erreichen. In unserer unerbittlich geschäftigen Welt versuchen wir ständig, den Wintereinbruch hinauszuzögern. Wir wagen es nicht, seinen vollen Biss zu spüren, und wir wagen es nicht, zu zeigen, wie er uns verwüstet. Wir müssen aufhören zu glauben, dass diese Zeiten in unserem Leben etwas Dummes sind, ein Versagen der Nerven, ein Mangel an Willenskraft. Wir müssen aufhören zu versuchen, sie zu ignorieren oder sie zu beseitigen. Sie sind real, und sie verlangen etwas von uns. Wir müssen lernen, den Winter hereinzulassen. Wir müssen lernen, den Prozess anzuerkennen, uns achtsam auf ihn einzulassen und ihn sogar wertzuschätzen. Wir können uns nicht aussuchen, wann der Winter kommt, aber wir können wählen, wie.
Unser Wissen über den Winter ist Teil unserer Kindheit: Wir lernen ihn in Romanen und Märchen kennen, die im Schnee spielen. All die sorgfältigen Vorbereitungen, die die Tiere treffen, um die kalten, nahrungslosen Monate, den Winterschlaf und die Wanderung zu überstehen. Das ist kein Zufall. Die Veränderungen, die im Winter stattfinden, sind eine Art Alchemie und Verzauberung, die von gewöhnlichen Lebewesen durchgeführt werden, um zu überleben. Pflanzen und Tiere wehren sich nicht gegen den Winter; sie tun nicht so, als gäbe es ihn nicht und versuchen, ihr Leben so weiterzuleben wie im Sommer. Sie bereiten sich vor. Sie passen sich an. Das ist der Punkt, an dem die Transformation stattfindet. Der Winter ist nicht der Tod des Lebenszyklus, aber er ist unerlässlich. Vor allem, wenn wir unsere eigene innere Überwinterung haben. Sobald wir aufhören, uns zu wünschen, es wäre Sommer, kann der Winter eine herrliche Jahreszeit sein, in der die innere und äußere Welt eine karge Schönheit annimmt. Es ist eine Zeit der Besinnung und der Erholung, der langsamen Erneuerung, des Aufräumens. Finde es sinnvoll oder nicht, aber „stehle“ dir etwas Zeit und gebe sie frei und ausschließlich dem eigenen Ich. Entscheide dich für Privatsphäre und Einsamkeit.
In dir wird etwas mitschwingen, ein warmer Funke, der dich durch diese Winterperiode deines Lebens bringt. Ein unbesiegbarer Sommer, der tief im natürlichen Wesen steckt und noch einmal aufblühen kann, der Frühling kommt. Aber du musst atmen, und du musst sein. Dies ist ein Scheideweg, den wir alle kennen, ein Moment, in dem du eine Haut abstreifen musst. Lasse nicht zu, dass sich die alte Haut verhärtet. Dann wird ein neuer Frühling mit winzigen, aber direkten Sonnenstrahlen in dein Leben treten.
Ostern stellt einen Ausgangspunkt für den Frühling dar: das Erwachen und die Erneuerung der Seele zu einem verklärten Wesen. Der Osten ist der Ort, an dem die Sonne aufgeht. Sie ist unsere so dringend benötigte Quelle des Lichts und der Inspiration – die Quelle des Lebens selbst. Der Osten wird uns sagen, dass es Zeit ist, aufzuwachen und sich auf die Sonne zuzubewegen. Er wird uns motivieren, unsere Sorgen und Ängste abzuschütteln oder sie zumindest in einem stärkeren und bedeutungsvolleren Licht erstrahlen zu lassen. Wenn wir die Winterzeit überstanden haben, wird sich ein inneres Ostern durchsetzen. Denn es sagt, egal wie hart ein innerer Winter sein kann, es ist sicher, dass ein innerer Frühling folgen wird. Das ist der Kreislauf des Lebens, der Kreislauf der Seele, der gesamten Natur. Diese Erneuerung wird uns unterstützen, mit einer neuen Kraft vorwärts zu gehen, die direkt aus einer Quelle in uns kommt.