Von der Selbstisolation zur Selbstbefreiung

Wie die äußere Situation einer inneren Befreiung dienen kann

Von der Selbstisolation zur Selbstbefreiung

Wir befinden uns heute inmitten des Chaos und der Unsicherheiten einer globalen Krise, die jeden von uns auf die eine oder andere Weise bedroht, insbesondere diejenigen, deren Zustand bereits durch Krankheiten oder andere Umstände geschwächt ist.

Wir werden gebeten, uns selbst zu isolieren, soziale Distanz zu praktizieren und Risiken zu vermeiden, die uns und andere in Gefahr bringen. Wir müssen dies zu unserem eigenen Besten tun und auch für unsere Mitmenschen, selbst wenn es für uns eine neue und unerwünschte Erfahrung darstellt. Dabei können wir erleben, dass die Isolation eine Reihe zutiefst persönlicher und spiritueller Fragen aufwirft.

In dem Maße, in dem wir uns isolieren, sehnen wir uns nach Zusammensein, nach Zuspruch und Unterstützung. Wenn wir gar von einer Ausgangssperre betroffen sind, können wir uns in einen Schwebezustand versetzt fühlen, der fast wie bei ein Scheintod ist oder eine Inhaftierung.

Wir können auch das Gefühl bekommen, in zwei Teile zerrissen zu werden – in richtig oder falsch, gehorchen oder nicht gehorchen, in ja oder nein. Indem wir uns an die Maßnahmen halten, werden wir mit uns selbst und der Realität unserer familiären Beziehungen konfrontiert. Und wie ist es mit unserer spirituellen Situation? Sind wir da jetzt auch isoliert? Denkbar ist, dass uns jetzt erst bewusst wird, in welchem Ausmaß wir in der Vergangenheit spirituell isoliert waren.

Vielleicht hatten wir uns physisch in vielerlei Aktivitäten mit anderen verbunden – und waren dabei spirituell isoliert, weil wir dem Innersten keinen Raum gegeben hatten, und auch nicht der Frage, wie tief unsere Verbundenheit eigentlich reicht. Jetzt, wo wir eine physische Selbstisolation erleben, kann sich unser Bewusstsein für weiter reichende Dimensionen öffnen.

Einer gewissen Isolation bedarf es auch im Innern, um den Zugang zu geistig-seelischen Dimensionen freizulegen. So ist es sinnvoll, sich von der verbreiteten Angst und Panik zu isolieren. Es gibt viele unbekannte Faktoren, die mit dem Corona-Phänomen zusammenhängen, so dass ein gewisses Maß an Unbehagen natürlich ist. Aber wir sollten die Panikmentalität, die sich aus einer solchen Unsicherheit entwickeln kann, vermeiden. Auch unser „normales“ Leben bringt schließlich in vielfacher Weise Unvorhergesehenes mit sich.

Das Reflektieren über unsere Handlungen und Reaktionen und das bewusste Unterlassen, die monströsen „Astralkräfte“ zu nähren, die mit Angst und Panik einhergehen und mit den Gerüchten und Spekulationen, die in Nachrichten und sozialen Medien verbreitet werden, kann uns in die Stille führen. Wenn wir sie aushalten und bejahen, werden unsere Einsichten nüchterner. Unser innerer Standort kann sich zeigen. Wir blicken ruhiger auf die Situation, in der wir uns befinden.

Die Essenz, in der wir miteinander verbunden sind

Zwei Arten von Kräften sind in uns und überall auf der Welt wirksam: die eine Art ist sinnesorganisch erfahrbar, unbeständig und dynamisch, während die andere nicht direkt erfahrbar ist, sondern einen Hintergrund für alles bildet, was auf der Welt stattfindet. Die eine erleben wir durch die Wahrnehmung unserer Sinne, die andere erfahren wir in der Stille des Herzens. Die eine korrespondiert in der Regel mit unserem irdischen Ego, die andere setzt eine neue Seelenentwicklung voraus, die uns für die innere Stimme aus dem Göttlich-Geistigen öffnet. Das wird möglich, wenn wir unser Wünsche, Interessen und Ängste hinter uns lassen.

Wenn wir diese innere Stimme hören, wenn diese innere Essenz in uns erwacht, eine Essenz, die alles Exoterische trägt, erleben wir etwas von dem „Anderen“ in uns, unserer wahren, geistigen Individualität. Sie führt uns zu einem neuen Verstehen, einem Bewusstseinszustand, der auf einem festen Grund von Objektivität, Einsicht und Selbsterkenntnis beruht.

In der Einsamkeit der Selbstisolation können wir erkennen, dass das, was wir für Verbundenheit hielten, nicht das physische Zusammensein ist, sondern dass es unser innerer Sehnsuchtszustand ist, der das Gefühl der Verbundenheit erzeugt.

In dieser Sehnsucht können wir uns mit allen anderen Menschen, die sie auch besitzen, vereinen. Wir erkennen, dass wir in ihr alle gleich sind. Das göttliche Element, das uns führt, die Kraft, die uns mit der Quelle verbindet, ist in allen Menschen dieselbe.

In der göttlichen Essenz sind wir miteinander verbunden. In ihr lebt das Wesen, das Urprinzip der Menschen. Nähern wir uns ihr, so durchschauen wir das egozentrische Selbst, den Individualismus, die Gefühle von Überlegenheit oder Minderwertigkeit, die Empfindung von Trennung und Isolation. Gleichsam parallel zu all dem erleben wir im Innersten die Vernetzung und Verbindung mit allem.

Das führt zu einer neuen Lebenseinstellung. In der geistigen Essenz ist jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze, jeder Felsen, jeder Wassertropfen und jeder Atemzug mit allem vereint. Wir durchleben eine Transformation vom egozentrischen, isolierten Bewusstsein zum universellen All-Bewusstsein.

Jede Empfindung einer spirituellen Isolation ist dann verschwunden. Wir leben wohl in dieser Welt, sind ihr und ihren äußeren Krisen aber nicht verpflichtet. Wir schauen über die physische Isolation hinaus. Es gibt eine Fülle ätherischer, astraler und mentaler Kräfte, die uns miteinander verbinden. Vor allem aber sind wir eingebunden in den reinen, spirituellen, göttlichen Urgrund, der das Universum trägt.

So können wir in diesen Zeiten der physischen Selbstisolation vier Schritte entdecken, die von der spirituellen Isolation zur spirituellen Einheit führen, und zu unserer Aufgabe in dieser Welt. Sie bestehen im Erlangen neuer Einsicht, in der Bewusstwerdung der Sehnsucht, in der Selbsthingabe und schließlich in einer neuen Lebenseinstellung, die uns unsere Mitverantwortung vor Augen führt.

So gelangen wir in innere Freiheit.

So führt die Selbstisolation uns zur Selbstbefreiung.

Share

LOGON Magazine

Bestellmöglichkeiten

über unseren Online-Shop oder per Email: shop@logon.media

  • Einzelheft 10 €, inkl. Versand (Ausland 14 €, inkl. Versand)
  • Einzelheft digital 4 €
  • Print-Abo 36 €, 4 Ausgaben/Jahr, inkl. Versand (Ausland 52 €), fortlaufend, Kündigung jederzeit möglich.
  • Digitales Abo 15 €, 4 Ausgaben/Jahr zum Download (pdf), fortlaufend, Kündigung jederzeit möglich.

Unsere neuesten Artikel

Post info

Datum: April 27, 2020
Autor: Joseph Murray (Australia)
Foto: Marion Pellikaan

Bild: