Sieben Strahlen begleiten die Menschheit

Sieben Strahlen begleiten die Menschheit

Die Zahl sieben spielt in allen Kulturen eine besondere Rolle. In der Rig Veda, der ältesten Hindu-Schrift, heißt es: „Die sieben Weisen bilden sieben Pfade. Auf einem von ihnen kann der einsame Sterbliche kommen.“


Die sieben Weisen stehen für sieben kosmische Strahlen, die den Menschen mit dem Göttlichen verbinden.[1] Die Genesis berichtet von sieben Schöpfungstagen, der Prophet Jesaja benennt sieben Geister Gottes (Jes. 11, 2), Paulus zählt sieben Gnadengaben auf (Römer 12, 6-8). Das Buch der Offenbarung spricht von „sieben Geistern […] vor seinem Stuhl“ (Off. 1, 4), und in einer Vision erlebt Johannes den kosmischen Christus, inmitten von „sieben goldenen Leuchtern“ stehend und mit „sieben Sternen in seiner rechten Hand“ (Off. 1, 12-16).

Jeder weiß vom „siebten Himmel“, in den man sich in besonderen Momenten des Lebens erhoben fühlt – und der den stärksten Kontrast zum „normalen“ Leben bildet. Paulus schreibt, er sei einmal bis in den dritten Himmel entrückt worden (2. Kor. 12, 2).

Das Wissen von den sieben Strahlen ist uralt. Sie neigen sich zu uns herab, und wir können uns von ihnen ergreifen lassen. Dann formt sich ein siebenfacher Stufenweg nach oben, auf dem sich die Seele verwandelt. Die Strahlen sind, so vernehmen wir, im ganzen Universum anwesend, sie durchdringen alle Körper stofflicher und feinstofflicher Natur und erzeugen ein Strömen, vom Unsagbaren ausgehend über Sonnen- und Planeten bis hin zum Menschen und weiter in die Naturreiche hinein bis zum Versteinerten. Sie sind die schöpferisch aktiven „Hände“ des Urgrundes.

Alice A. Bailey verfasste in mehreren Bänden Eine Abhandlung über die sieben Strahlen [2]. Hieraus wollen wir einige Grundgedanken darstellen. Die Vertiefung in das Thema kann das Bewusstsein für das göttlich-geistige Hintergrundwirken wecken. Die Strahlen können eine Resonanz in uns erzeugen, weil wir in der Tiefe, in einem noch weitgehend unentfalteten Potenzial, eine Entsprechung zu ihnen haben.

Sie treten von der Geistsonne (Vulcanus) aus in unser Sonnensystem ein. In ihrem Zusammenklang bringen sie das Wort hervor, die Offenbarung der göttlichen Energie. Jeder der Strahlen enthält alle anderen in sich und vervielfältigt sie auf seine Weise, so dass insgesamt von 49 Schwingungsgraden gesprochen wird.

Die Strahlen wirken wie ein Atmungsprozess. Einzeln verstärken sie ihre Intensität für einige Jahrhunderte, um sich dann wieder abzuschwächen und für eine längere Zeit in den Hintergrund zu treten.

Der erste Strahl

Der erste Strahl wirkt ganz und gar im Hintergrund, im nicht Fassbaren, Er wird als „Wille und Macht“ bezeichnet und ist „Öffner der Tür“ für die Lebenserneuerung. Durch ihn kommt der Mensch in Berührung mit dem kosmischen göttlichen Willen und kann aus innerer Erkenntnis zu der Aussage gelangen: „Dein Wille geschehe“.

Dieser Strahl ist die Kraft, die alle Entwicklungen und Offenbarungen anstößt und initiiert. Er bereitet in dem, der sich für das Göttliche öffnet, eine neue Seelenbasis zu, die zu vertieften Erkenntnisprozessen führt. Dazu gehört das Erleben, in welchem Ausmaß das Unbewusste ein Hindernis für die neue Seelenausrichtung darstellt. Das Wort des Christus: Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen (Joh. 8, 32), beinhaltet die grundsätzliche göttliche Magie dieses Strahls.

Die Siebenheit entfaltet sich im einzelnen Menschen auf der Grundlage seiner Wahrheitssuche. Aber die Strahlen wirken auch kollektiv. Sie beeinflussen den Weg der Menschheit, leiten Kulturentwicklungen ein und schließen sie ab.

Der zweite Strahl

Im zweiten Strahl vereinen sich zwei große Prinzipien und Energien des Ursprungs: Weisheit und Liebe. Laut Alice Bailey ist es der Strahl, der einen überragenden Einfluss auf unser Sonnensystem ausübt. Er erzeugt die vorrangige Qualität des Sonnenlogos, der geistigen Seite der Sonne. Die Eigenschaften der Liebe und Weisheit sind in ihm so eng miteinander verwoben, dass man sie als eine einzige Qualität ansehen kann. In diesem Strahl laufen alle anderen Strahlungswirksamkeiten zusammen, in ihm finden sie ihre Vollendung. Wir leben danach in einem „Sonnenzeitalter des zweiten Strahls“.

Liebe und Weisheit bilden die spirituelle Basis für den Weg. Sie bewirken die Einheit von Herz und Haupt, ermöglichen eine geistige Wahrnehmung und ein neues intuitives Vermögen. Das Eingebundensein allen Lebens in diesen Strahl wird in den Worten Sri Krishnas deutlich: Auf welchem Weg die Menschen auch immer reisen mögen, es ist mein Weg; Es spielt keine Rolle, wohin sie gehen, jeder Weg führt zu MIR. [3]

Der dritte Strahl

Der dritte Strahl wird als der „Hersteller der Verbindung“ bezeichnet. Einsicht und Intelligenz müssen übertragen werden, damit der Mensch den göttlichen Plan, der seiner Existenz zugrunde liegt, umzusetzen vermag. Es ist der Strahl des Anpassungsvermögens, der es möglich macht, die konkreten Lebensumstände anzunehmen und mitten in ihnen den ureigenen Weg der Selbsteinweihung zu finden. Das Geistige will sich in der materiellen Lebenssphäre spiegeln und verwirklichen. Das geschieht im höheren Denken der erwachten Seele. Der „wiedergefundene Sohn“, die „wiedergefundene Tochter“ ermöglicht es, dass Gott in ihm/in ihr denkt. So kommt es zu Impressionen der Allgegenwart.

Buddha sagte in seiner letzten Predigt: Sei eine Lampe für dich selbst. Halte an der Wahrheit in deinem eigenen Lichte fest. Suche nicht nach Zuflucht in jemandem, außer in dir selbst.[4]

Die ersten drei Strahlen bilden das Schwingungsfundament für die Neugeburt, durch sie kann der Mensch sich seelisch neu „erbauen“.

Der vierte Strahl

Der vierte Strahl wird als „schöpferische Harmonie“ oder einfach als „Harmonie“ bezeichnet. Damit ist nicht die Harmonie gemeint, die wir im täglichen Dasein mit all seinen Freuden und seinem Kummer anstreben. Ziel des vierten Strahls ist es vielmehr, die Seele mit der Form, mit der irdischen Persönlichkeit, zu vereinigen. Wenn den ersten drei Strahlen Einlass gewährt wird, wirken neue Seelenkräfte in uns. Es sind kosmische Kräfte, die sich zu unserer neuen Seele machen wollen. Uns obliegt es, im Zusammenwirken mit ihnen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie sich im irdischen Leben verankern können.

Das kann zu großen inneren Spannungen führen. Denn unser Lebenssystem hat in zahllosen Inkarnationen Eigenschaften, Zwänge und vieles mehr in sich entstehen lassen, die es nun zu transformieren gilt. Der vierte Strahl führt durch seine astrale Feuerkraft in einen Läuterungsprozess hinein, in eine tägliche Praxis der Selbstreinigung, in ein bewusstes „Stirb und Werde“. Dem Neuen, den Kräften der Ewigkeit, muss Raum gegeben werden.

Der fünfte Strahl

Der fünfte Strahl ist der Persönlichkeitsstrahl des Menschen. Durch ihn entstehen seine stoffliche Gestalt und das ihm eigene Bewusstsein. Dieser Strahl ruft, so wird uns erläutert, die Fähigkeit des Denkens hervor, des Schlussfolgerns, Forschens, Erkennens, Entscheidens. Er ermöglicht das Selbstbewusstsein und wird auch der „Enthüller der Wahrheit“ genannt. Wer sich der Wirksamkeit der sieben Strahlen unterstellt, steht vor der Aufgabe, sein Denken und Bewusstsein auf das höhere Dreieck der drei ersten Strahlen auszurichten, um die göttlichen Absichten, die in der Evolution wirken, zu erkennen.

Durch den fünften Strahl entsteht die mentale Entwicklung des Menschen. Die eigentliche Berufung des Denkens liegt darin, auf das zu lauschen, was sich aus der All-Offenbarung an Kräften und Energien enthüllen will. Die Verbindung mit dem fünften Strahl neutralisiert das unbewusste und manipulierte Denken. Das Bewusstsein richtet sich unter seinem Einfluss auf das Numinose, es öffnet sich der Gedankenwelt Gottes, um sie zu enträtseln.

Damit dies gelingt, ist ein enges Zusammenspiel zwischen dem vierten und dem sechsten Strahl erforderlich.

Der sechste Strahl

Der sechste Strahl ist der der Hingabe. Die Forderung des vierten Strahls, durch den Konflikt hindurch zur Harmonie zu gelangen, kann nur durch unerschütterliche Hingabe mit Erfolg gekrönt werden. Von allen Strahlen war der sechste Strahl in den letzten Jahrhunderten atmosphärisch am stärksten wirksam. Man kann sagen, dass die gesamte Menschheit von ihm ergriffen war oder noch ist. Die Hingabe an Ziele, welcher Art auch immer, war und ist dem Menschen zu eigen.

Damit geht auch der Idealismus einher. Hingabe und Idealismus haben der menschlichen Zivilisation bis in die kleinsten Schattierungen hinein ihren Stempel aufgedrückt. Es gibt kein Volk, keine Gruppe, die nicht von bestimmten, mehr oder weniger kultivierten Idealen geprägt war und ist.

Auch zu religiösem Fanatismus kann dieser Strahl führen und ebenso in eine Geisteshaltung, die ganz und gar auf das Leben in der Materie gerichtet ist und sich vom Göttlichen immer weiter entfernt, wie wir es heute beobachten können. In all dem treibt der sechste Strahl die Entwicklung voran und führt zu den notwendigen Erfahrungen. Er bewirkt auf vielfache Weise ein mehr oder weniger dramatisches Scheitern. Die darauf folgende Besinnung, Ernüchterung und innere Reifung können im Innern Raum schaffen und Impressionen des befreienden Weges aufleuchten lassen.

Dann entfaltet sich das eigentliche Ziel des sechsten Strahls, der das spirituelle Bestreben durch alle Widerstände hin zum Erfolg führen will. Durch die bewusst vorgenommene Verknüpfung der gewöhnlichen („horizontalen“) Schwingungen des Daseins mit den geistigen („vertikalen“) Schwingungen des Geistes errichtet die erwachte Seele ein energetisches Kreuz. An ihm kann der Mensch sein normales Bestreben, das auf die Erhöhung des Ego gerichtet ist, opfern. Er projiziert seine Ideale, Ansichten und Vorstellungen nicht mehr nach außen, verursacht nicht bei anderen noch mehr Leid, Schmerz oder Schwierigkeiten, sondern wendet die göttlich-geistigen Schwingungen und Forderungen auf sich selbst an.

So wird es dem Geist möglich, durch einzelne Menschen und Gruppen hindurch in dieser Welt wirksam zu sein. Der sechste Strahl drängt dazu, in unerschütterlicher Hingabe der Seelenentwicklung den Vorrang zu geben vor den persönlichen Befindlichkeiten und Problemen.

Der Christus spricht dazu: Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden (Matth. 16, 25).

In dem Büchlein Die Alchymische Hochzeit des Christian Rosenkreuz wird berichtet, wie Christian Rosenkreuz mit dem sechsten Seil aus dem Schacht heraufgezogen wurde.[5]

Der siebte Strahl

Der siebte Strahl bewirkt die vollständige Regeneration des natürlichen Wesens, die Transfiguration, wie es in der Sprache der Rosenkreuzer heißt. Wurde der Geist durch den sechsten Strahl vor allem in seiner Allgegenwärtigkeit erlebt, so zeigt er sich durch den siebten Strahl als Heiligender Geist. Dieser Strahl ist der Strahl der Vollendung.

Sein vor allem das Unterbewusste ergreifender Lichteinfall erzeugt eine intensive Kraft, die durch das gesamte mikrokosmische System vibriert. Der Mensch wird vollständig erneuert, er vollendet die Wiedergeburt „aus Wasser und Geist“.

Die Geistkraft wirkt nun auch „von unten her“ und erfüllt das Bewusstsein des strebenden Menschen. Mehr und mehr Inhalte des Unterbewussten werden in den Verwandlungsprozess einbezogen. „Blei verwandelt sich in Gold“, sagten die Alchemisten. Die Persönlichkeit lebt nun aus den Suggestionen des ihr innewohnenden kosmischen Bewusstseins und ist zwar noch „in der Welt“, aber seelisch nicht mehr „von der Welt“. Eine durchgehende Verbindung vom Göttlichen bis hin zum Naturhaften ist hergestellt, eine neue Weltenordnung ist im Menschen etabliert. Er kann nun wahrhaft zum Wohle aller arbeiten.

Das hermetische Axiom „Wie oben so unten“ ist in ihm verwirklicht.

In unseren Tagen intensiviert der siebte Strahl seine Wirksamkeit. Er vollendet, was in Hingabe angestrebt worden ist. Seine zunehmende Kraft beschleunigt alle Entwicklungen, so dass ihre Ergebnisse zutage treten. Sie sind bitter – oder freudevoll.


[1] Geoffrey A. Barborka, Der Göttliche Plan. Ein Kommentar zu „Die Geheimlehre“ von H.P. Blavatsky, Verlag H.J. Maurer, Freiburg 2005, S. 232
[2] Alice A. Bailey, Eine Abhandlung über die sieben Strahlen, Verlag Lucis, Genf 1990 und 1993
[3] https://www.lucistrust.org/de/arcane_school/talks_and_articles/the_science_the_seven_rays
[4] https://www.lucistrust.org/de/arcane_school/talks_and_articles/the_science_the_seven_rays
[5] In: Jan van Rijckenborgh, Die Alchymische Hochzeit von Christian Rosenkreuz, Bd. 1, Haarlem 1967

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Datum: September 2, 2023
Autor: Helmut Mende (Germany)
Autor: Gunther Friedrich (Germany)
Foto: earth-Arek Socha auf Pixabay CCO

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