Mitten im Leben sein

„Der Mensch soll nicht die Dinge fliehen Und sich in die Einöde begeben, sondern er muss lernen, durch die Dinge hindurchzubrechen und seinen Gott darinnen zu begreifen.

Mitten im Leben sein

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Vor einigen Wochen verfolgte ich ein spannendes Gespräch zwischen zwei jungen Menschen. Der eine vertrat die Ansicht, dass nur durch Rückzug in sich selbst, durch Meditation, durch Achtsamkeit und stille Anteilnahme an den Bewegungen der Welt eine Änderung der Situation der Menschheit und des Planeten möglich sei. Die andere – eine junge Frau – plädierte entschieden für die konkrete Tat, für ein konsequentes Eintreten für Nachhaltigkeit, Demokratie, eine gerechte Verteilung der Güter und sozialen Frieden. Jedes Eintreten für eine Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen – so der junge Mann – schlüge in kurzer Zeit wieder an anderer Stelle in eine Verschlechterung um. Jeder lichtvollen Tat folge die Verdunkelung auf dem Fuße.
So ging es hin und her und ich fragte mich: „Gibt es zwischen diesen beiden Ansichten, diesen beiden Polen, keine Brücke, kein überbrückendes Sein?“

Meister Eckhart plädiert dafür, sich der Wirklichkeit des Lebens vollkommen auszusetzen. Sein eigenes Leben war ein Beispiel für diese Lebenshaltung.
Er führte ein aktives Leben als Dominikanermönch und Leiter von Klöstern, als Meister, Magister, Hochschullehrer in Paris, als Prediger, als Unterstützer der Frauengemeinschaften, der Beginen, die es im Mittelalter zahlreich gab.

In seiner Predigt von Martha und Maria greift Meister Eckhart die Dialektik eines kontemplativen und eines tätig-aktiven Lebens auf. Maria als Sinnbild der himmlischen Gottesschau muss nach der Vorstellung Eckharts ihr eigenes Wesen um den Aspekt der Martha, des tätigen Lebens im Sinne einer praktischen Nächstenliebe, ergänzen. Maria muss also erst Martha werden, um wesentlich sie selbst zu sein.
Und dann muss es doch auch umgekehrt so sein:
Martha muss aus dem Innersten der Maria, der geistigen Verbundenheit mit dem Göttlichen, tätig sein.

Was kann ich mir heute also als Leitsatz für mein Leben vornehmen?

Stell dich dem Leben, der Wirklichkeit! Geh durch die Dinge hindurch. Tue mit Leidenschaft, Konzentration und Klarheit  die Dinge, die du tun musst.
Tauche gleichzeitig ein in die tiefe Stille eines Johannes auf Patmos, so wie Eckhart es sagt:
„Wer unbetrübt und lauter sein will, muss eines besitzen, das ist die innere Einsamkeit.“

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Datum: November 17, 2020
Autor: Burkhard Rabot-Averbek (Germany)
Foto: Isolde Hupp

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