Weihnachten und Spiritualität – Das Geheimnis der inneren Alchemie
Wenn wir uns dem Weihnachtsfest und seiner Verbindung zur Spiritualität nähern, so werfen wir damit Licht auf eine Dimension der inneren Wahrheit, die im Menschen verborgen liegt. Das Weihnachtsfest zeigt sich als ein Schlüssel zur Verwandlung, zur Transmutation und Transformation, wovon auch die Alchemie spricht. Damit meinen wir nicht eine Alchemie, die sich mit der Verwandlung der Metalle (von Blei zu Gold) befasst, sondern eine solche, der es um die Verwandlung unseres Bewusstseins und unseres Lebens geht.
Inneres Christentum und die Universelle Lehre
Das Christentum, durch das das Abendland geprägt wurde, verfügt über eine reiche Tradition. Neben allen äußeren Aspekten gehört dazu auch eine innere Dimension, durch die das Christliche sich in die Traditionen einfügt, die man insgesamt als „universelle Lehre“ bezeichnen kann.
Was verstehen wir darunter? Es ist eine Lehre, welche die innere Weisheit der Menschheit umfasst. Sie bedient sich in den verschiedenen Zeiten und Kulturen unterschiedlicher Symbole, Sprachen und Formen; doch stets geht es ihr darum, den Menschen mit der ihm innewohnenden Wahrheit zu verbinden.
Und wie ist der Zusammenhang zwischen den exoterischen Symbolen des Christentums und ihrer inneren, esoterischen Bedeutung und damit der Universellen Lehre?
Weihnachten und die Geburt des Lichtes
Weihnachten symbolisiert die Geburt des Lichtes für die gesamte Menschheit. Das Fest weist auf die Möglichkeit der Transformation jedes Einzelnen und der Menschheit insgesamt hin. In jedem kann das Licht geboren werden.
Betrachten wir Weihnachten auf diese Weise, so wird deutlich, dass das innere Christfest in jedem Augenblick des Jahres oder des menschlichen Lebens gefeiert werden kann. Wenn aus dem göttlichen Element im Menschen das Licht geboren wird, feiert dieser sein Weihnachtsfest, und zwar zum ersten und einzigen Mal.
Warum zum ersten und einzigen Mal?
Das liegt daran, dass sein Leben von diesem Zeitpunkt an nie mehr dasselbe sein wird. Er wird unbewusst oder intuitiv oder vielleicht sogar unfreiwillig zu einem Lichtsucher. Denn das Licht aus dem göttlichen Prinzip seines Innersten erfüllt ihn mit einer nicht zu stillenden Unruhe, die ihn dazu drängt, wahren Frieden, wahres Glück und wahre Ruhe zu suchen.
Die Symbolik der christlichen Feiertage
Die bekanntesten und bedeutendsten christlichen Festtage sind Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Es gibt aber noch ein viertes Fest, das einst im Mittelalter gefeiert wurde und heute nur noch wenigen bekannt ist: das Fest Manisola. Diese vier christlichen Feste symbolisieren vier Etappen im Prozess der Transformation.
Auf der nördlichen Halbkugel der Erde feiert man Weihnachten im Winter, Ostern im Frühling, Pfingsten im Frühsommer und (im Mittelalter) Manisola im Herbst. Die Feiertage folgen dem Rhythmus der Erneuerung in der Natur. Damit weisen sie zugleich auf einen Zyklus der Transformation hin: auf den Beginn, die Entwicklung, die Blüte und die Krönung.
Man erkannte das Symbolhafte der Natur vor allem in einer Zeit, als das Leben der Menschen noch in direktem Zusammenhang mit der Natur stand. Am Ende der Winterzeit musste der Bauer die Saat ausbringen. Dann wartete er voll Hoffnung darauf, dass nach dem großen Schlaf des Winters seine gute Saat im Frühling aufging, dass sie keimte und wuchs. Im Sommer bildet sich die widerstandsfähige Pflanze und blüht. Und schließlich kommt es zur Frucht, die zur Nahrung wird für Mensch und Tier. Es ist die Zeit der Ernte.
Die vier Feste Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Manisola stehen in Zusammenhang mit diesen vier Phasen der Verwandlung.
Weihnachten und die innere Alchimie
Betrachten wir nun die Symbolik, so repräsentiert Weihnachten die so besondere Zeit, in der unser Bewusstsein sich nach innen richtet und – äußerlich betrachtet – zu schlafen scheint. In dieser Zeit des In-sich-selbst-versunken-Seins kann die im Menschen verborgene Saat aufbrechen und sich als etwas völlig Neues im menschlichen Wesen manifestieren.
Wenn das stattfindet, reift ein neues Bewusstsein heran. Es richtet sich – wie die Pflanze im Frühjahr – nach außen. Der Mensch beginnt nun, das um ihn herum stattfindende Leben von innen her zu begreifen. Die Saat sprießt und initiiert einen Prozess der Transmutation des Bewusstseins. Schreitet dieser Prozess fort, dann findet Wachstum statt – eine Art „Sommer“ wie im Pflanzenreich. Eine neue seelische Statur bildet sich und mit ihr ändert sich das Lebensverhalten.
Die Frucht, die dann entsteht, ist das menschliche Wesen selbst, das erneut zum Spross am Baum des Lebens wird.
Den christlichen Feiertagen, den Jahreszeiten und den Phasen der Landwirtschaft entsprechen vier Phasen im alchemischen Prozess. Man nennt sie Nigredo (Schwärzung), Albedo (Weißung), Citrinitas (Gelbfärbung) und Rubedo (Rotfärbung).
Nigredo steht für die erste Phase, wenn in innerer Sammlung, im „Dunkel“, ein Same ins Bewusstsein gepflanzt wird.
Albedo steht für die Manifestation, die Erleuchtung des neuen Bewusstseins (den „Frühling“).
In der nächsten Phase, genannt „Der Pfauenschwanz“ oder Citrinitas, entfalten sich die Farben des Regenbogens als ein leuchtender Schweif. Diese dritte Phase (die des „Sommers“) endet mit dem Gelb. Ein Lichtspektrum mit sieben Stufen der Transformation wird durchlebt, und so entsteht eine Brücke zum höchsten Zustand, der Rotfärbung. Die Stufen werden auch durch sieben Metalle versinnbildlicht: Blei, Zinn, Eisen, Kupfer, Quecksilber, Silber und Gold. Die Brücke repräsentiert alle Aspekte des menschlichen Lebens. Es geht darum, sie durch die Kraft des Albedo zu verwandeln, also durch den sprießenden Samen des neuen Bewusstseins.
Am Ende steht Rubedo, das „rote Gold”, die reife Frucht. Der Mensch hat die Verbindung zum Göttlich-Geistigen wieder errungen, sie wird in ihm zu „Fleisch und Blut“.
Weihnachten | Ostern | Pfingsten | Manisola |
Winter | Frühling | Summer | Herbst |
Saat | Keimen | Wachstum | Ernte |
Nigredo | Albedo | Citrinitas | Rubedo |
Wenn wir diese Parallelen zwischen den esoterischen Lehren des Christentums und der inneren Alchimie begreifen, erschließt sich uns die tiefgehende Bedeutung des Weihnachtsfestes auf neue Weise. Es wird für uns zu einem ersten Schritt, einer ersten Etappe, auf die drei weitere folgen.
(wird fortgesetzt)