Der Vorhang hebt sich
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Eins
Zuerst die „Macht über“ und damit die Trennung zwischen denen, die sie haben und denen, die ihr unterworfen sind, über die sie ausgeübt wird, die Ohn-Mächtigen. Eine Macht, verbunden mit körperlicher Gewalt, Macht, durchgesetzt mit Gewalt – und Gewalt macht Angst. Dieser Dreiklang von Macht-Gewalt-Angst ist gespeichert im Gedächtnis und Zellbewusstsein. In vielen Ländern der Erde erklingt er noch immer, dissonant und laut. Man möchte sich die Ohren zuhalten und dagegen ansingen.
Zwei-Eins
Hier und heute: eine andere Form, leise und subtil. Macht über das Denken der Menschen. Die lässt sich nicht mit Gewalt erringen, denn, so heißt es: „Die Gedanken sind frei!“ Sind sie es? Es sind schnelle und unstete Geschöpfe, leicht zu fangen mit dem Netz der Manipulation. Mit Zuckerbrot und Peitsche.
Das Zuckerbrot der Wünsche: erst hervorrufen und dann erfüllen. Die Gedanken kreisen um das, was ich haben könnte-möchte-will (in genau dieser Reihenfolge). Es lockt mich, und der Tanz ums Goldene Kalb dreht und dreht sich immer weiter.
Die Peitsche der Angst: Angst, gesät, um den Menschen klein zu halten und zu kontrollieren. Angst in all ihren Variationen, aber im Kern immer die gleiche: Angst vor dem, was das Leben bringen könnte, vor der Zukunft, vor Krankheit, vor Armut (… und ganz aktuell für viele: Angst vor Kontakt mit anderen Menschen).
Zwei-Zwei
Doch da ist auch Angst vor der Freiheit des Lebens. Die Systeme, in denen wir leben, auf deren Richtigkeit wir uns geeinigt haben, die Narrative, die unsere Wirklichkeit begrenzen, haben große Macht. Sie bieten Sicherheit, und so ordnen wir uns unter. Der Schritt in die Selbstermächtigung ist ein großer Schritt, denn da ist Angst vor dem, was geschehen könnte, wenn ich die Konditionierungen hinter mir lasse, aus den gedanklichen Systemen aussteige, die mich geprägt haben; wenn ich mir meine innere Freiheit zurückhole. Und so bleibe ich freiwillig im Machtbereich der allgemeinen Meinung. Denke, rede und handle, wie man das eben so tut.
Drei
Und es gibt Variation drei: Wir geben einem anderen Menschen bewusst Macht. Weil wir ihm vertrauen. Das Bild des guten Herrschers (im Gegensatz zum Bild des Tyrannen aus Eins). Was genau macht den Unterschied? Der Wille ist das Zünglein an der Waage. Ist es der eines Ego (bzw. einer Gruppe von Egos), das seine Kraft und Stärke durch den Willen fokussiert und auf persönlichen Gewinn richtet – welcher Form auch immer? Oder ist es ein Wille, der aus einem liebevollen, einem „großen“ Herzen aufsteigt? Der Wille eines Menschen, der bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen, die ihm aus dieser Macht erwächst – was auch bedeutet, bereit zu sein zu dienen? Daraus ergibt sich das paradoxe Bild eines „Herrschers“, der die ihm übertragene Macht in Demut und mit Liebe zum Nutzen derjenigen anwendet, die sie ihm übertragen haben. Das lässt sich auch auf unsere Zeit übertragen, auf Leiter von Gruppen oder Repräsentanten eines Volkes.
Und zum Schluss: „Allen, die IHN annehmen, gibt ER die Macht, wiederum Kinder Gottes zu sein.“
Gott ist LIEBE, ist BEWUSSTSEIN.
Ihn annehmen – heißt: das Herz öffnen – in Resonanz mit DER LIEBE gehen.
Ihn annehmen – heißt: zulassen, dass mein Wille in Resonanz mit DEM BEWUSSTSEIN geht.
Ihn annehmen – ist: „Dein WILLE geschehe!“
Und das bedeutet nicht Unterwerfung, sondern Freiheit und Macht.
Für wen?
Für die „Kinder Gottes“ – das heißt, für Menschen, die aus der Verbundenheit mit LIEBE und BEWUSSTSEIN leben und handeln. Impulse aufnehmen und dem eigenen Wesen gemäß umsetzen, bewusst und kraftvoll, engagiert und kreativ. „Gott kann nichts tun, was er nicht durch uns tut.“ Und das kann viel Freude machen – anderen und uns auch.
„Die Liebe, die Liebe ist eine Himmelsmacht.“ *
*****************************************************************Der Vorhang fällt.
*) Der Zigeunerbaron, Operette von Johann Strauss