Abgeschiedenheit

Die Lehrer loben gar gewaltig die Liebe, wie zum Beispiel Sankt Paulus mit den Worten: „Was ich auch üben mag, habe ich nicht Liebe, so habe ich gar nichts.“ Ich aber lobe die Abgeschiedenheit mehr als alle Liebe. Zum ersten darum, weil das Gute an der Liebe ist, dass sie mich zwingt, Gott zu lieben. Nun ist es viel mehr wert, dass ich Gott zu mir zwinge als dass ich mich zu Gott zwinge. Und das kommt daher, dass meine ewige Seligkeit daran liegt, dass ich und Gott vereinigt werden;

Abgeschiedenheit

denn Gott kann sich passender mir anpassen und besser mit mir vereinigen, als ich mit ihm….. Nun ist Gottes natürliche Eigenstätte Einfachheit und Reinheit; die kommen von der Abgeschiedenheit. Darum muss Gott notwendig sich selbst einem abgeschiedenen Herzen hingeben.

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Meister Eckhart lobt die Abgeschiedenheit mehr als alle Liebe.
Wie hat mich diese Aussage erschüttert, als ich sie das erste Mal hörte.
Ist die Liebe nicht das Höchste?
Wenn ich tiefer darüber nachdenke, verstehe ich, warum Meister Eckhart der Abgeschiedenheit so eine große Bedeutung beimisst: Die Abgeschiedenheit zwingt mich dazu, dass ich für nichts anderes empfänglich bin als für Gott. Darin liegt die wahre Freiheit des Geistes, der ein Geist mit Gott geworden ist.
Und bin ich nicht genau dann in der wahrhaftigen Liebe?

Die Seele ist in ihrer Natur Gottes Ebenbild“
Die allergrößte Freiheit sagt Meister Eckhart, soll die sein, dass der Mensch alle seine Selbstheit vergesse und in den „grundlosen Abgrund seines Ursprungs zurückfließe“ Ich erinnere mich an Worte aus dem Tao The King:

„Tao ist ein leeres Gefäß. Es ist unerschöpflich. Unergründlich. Ununterbrochen wie beharrend wirkt es ohne Mühe.“
Wenn mein Herz wie ein leeres Gefäß ist, dann strahlt das göttlich Licht hinein, weil es nicht anders kann.  In dieser stillen Abgeschiedenheit des Herzens ist die Verbindung mit dem sprudelnden Quell des Lebens immer da. Welch eine Fülle in der Leere! Die Abgeschiedenheit ist die Abwesenheit jeglicher Absicht, frei von Zeit und Raum, ohne Gedanken, ohne Ich, auch ohne jeden Wunsch nach Gott oder Weisheit oder Erleuchtung.   Es ist absolute Aufmerksamkeit im Jetzt.

Meister Eckhard drückt es so aus:
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist.

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Datum: November 30, 2020
Autor: Angelika Häusler (Germany)
Autor: Regina Capellmann (Germany)
Foto: Isolde Hupp

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