Das Transzendente kann diese Augen in dir erwecken. Und wenn du beginnst, damit zu schauen, wirst du verwandelt. Schließe die physischen Augen und lass ein anderes Gesicht in dir entstehen, ein Gesicht, das jeder Mensch in sich hat, das aber nur wenige benutzen.
Wende deinen Wahrnehmungssinn nach innen, so wie jemand, der auf eine Stimme lauscht, die er hören möchte. Verschließ dich allen anderen Stimmen gegenüber. Sei ganz Ohr nach innen.
Resonanz zu Plotin: Augen der Seele
Es hat eigentlich schon in meiner Jugend angefangen, oder kurz danach. Ich bekam das Bedürfnis, mich in Texte zu vertiefen, die über mein Alltagsleben hinausreichen. Ich merkte, dass ich viel besser zu recht kam mit allem, wenn ich morgens etwas gelesen hatte von irgendeinem Weisheitslehrer oder Dichter. Das klang nach in mir und begleitete mich.
Und irgendwann im Laufe des Tages habe ich dann noch einmal etwas gelesen, was in die Tiefe ging. Das wurde wie eine Nahrung, die ich brauchte.
Ich fühlte mich wohl dabei, ja mehr noch, ich fühlte mich von innen her getragen. Irgendwann, nach vielen Jahren begann sich mir diese Stille zu öffnen. Sie nahm Dimensionen an. Ich hatte vielleicht schon immer die Empfindung, dass da ein Klang besonderer Art ist, Töne für innere Ohren. Dann zeigte sich die Stille als eine Art innerer Raum, ein grenzenloser Raum, von dem Impulse ausgehen …
Seitdem ist mir klar:
Unser Leben ist ein Leben im Vordergrund, ein Leben an der Außenseite der Dinge. Es gibt einen Weltenhintergrund.
Er umgibt uns wie ein Meer unendlicher Stille. Doch er ist voller Leben. Es gibt Wahrnehmungen dort hinein, Empfänglichkeiten. Aber ich glaube, es gibt auch Wahrnehmungen von dort heraus, zu uns hin. Augen, die meinen Lebensweg begleiten, die alles begleiten, was in unserer Welt stattfindet. Mir kommt der Gedanke, dass manche Weisheitsschriften einfach Ausdruck dieser anderen Welt sind und der Wahrnehmungen von dort heraus. Uns soll dann etwas mitgeteilt werden.
Die Stille ist ein Wesensteil von allem, sie ist in allem, in mir, in jedem Menschen. Die Stille ragt in uns hinein, und wir ragen in sie hinein. Ich habe im Laufe meines Lebens mehr und mehr die Tore für sie geöffnet. Das heißt zugleich auch: zu mir selbst hin. Denn die Stille ist Teil von mir. Ich gebe mich ihr oft hin hin, im Hintergrund meines Wesens ist es vielleicht sogar ein Dauerzustand. Und eines Tages merkte ich, dass von diesem Teil von mir, der in der Stille ist, ebenfalls Impulse ausgehen. Impulse zu mir und in die kosmische Weite.
Aus der Stille heraus erlebe ich Pflanzen, Tiere, Menschen auf andere Weise. Auch das Lebendige der Erde insgesamt. Manchmal, wenn ich nachts in den Sternenhimmel schaue, wird mir die Kraft, die von dort kommt, zu viel. Die Welten der Stille haben eine ungeheure Macht.
Demgegenüber sind wir beschnitten, verstümmelt in unseren Möglichkeiten, und das wird einen guten Grund haben, wenn wir unser Verhalten anschauen.
Aber Plotin weist uns auf unser wahres Wesen hin, will uns dort hineinführen. Wir können uns verwandeln, hin zu uns selbst. Und damit hin zu allem. Alles wendet sich uns dann zu.
Das können wir spüren.
Alles scheint auf uns zu warten. Darauf, dass wir uns selbst erringen.